Interview mit Axel Mohr | „Blitzschnell auf Märkten agieren“
Wofür steht DRW und welche Rolle spielen bei Ihnen ETFs?
DRW ist ein international tätiges, breit diversifiziertes Handelsunternehmen aus den USA mit Sitz in Chicago. Gründer und CEO ist Don Wilson. Seit unserer Gründung Anfang der 1990er Jahre sind wir stark gewachsen und beschäftigen heute über 2.000 Mitarbeiter. Der Hauptsitz ist in Chicago, daneben gibt es Büros in New York, London, Amsterdam, Hongkong, Singapur und weiteren Standorten. Wir handeln eine Vielzahl von Produkten und Anlageklassen – insbesondere Aktien, Anleihen, Futures, Derivate, ETFs, digitale Assets und Energie, um die wichtigsten zu nennen. Außerdem haben wir unser Know-how und unsere Technologie genutzt, um in drei nicht-traditionelle Bereiche zu expandieren: Immobilien, Venture Capital und Krypto-Assets. Das ETF-Geschäft ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Vor fünf Jahren haben wir begonnen, direkt mit institutionellen Kunden zu handeln, und im vergangenen Jahr haben wir ein ETF-Handelsvolumen von insgesamt 1,7 Billionen US-Dollar erreicht.
Welche Aufgaben übernehmen Sie für Deka ETF, die ja eher auf Deutschland konzentriert sind?
Für Deka sind wir auf zwei Ebenen tätig:
Erstens sind wir „Authorized Participant" – wir können Anteile von Deka ETFs bei der Deka Investment kreieren und bestehende Anteile im Rahmen des Creation & Redemption-Prozesses zurückgeben.
Zweitens agieren wir als Market Maker für Deka ETFs und stellen Liquidität bereit – sowohl aktiv an der Börse als auch außerbörslich im institutionellen OTC-Handel (Over-the-Counter).
Sie kennen also das ETF-Geschäft in den USA und in Europa. Wie unterscheiden die sich?
Generell sind die USA beim Einsatz von ETFs weiter als Europa. ETFs sind dort häufiger und stärker in Portfolios vertreten – sowohl bei institutionellen Investoren als auch bei Privatanlegern. In den USA gibt es zudem eine ausgeprägtere Investmentkultur im Retail-Bereich. Europa holt jedoch auf. Auch im Handel sind die Amerikaner aktiver, insbesondere im Börsenhandel. Auffällig ist, dass sich dort ein Großteil des Handels auf hochliquide ETFs konzentriert – die größten 25 ETFs machen 75 Prozent des Börsenvolumens aus. In Europa ist es ähnlich, allerdings findet hier mehr OTC-Handel statt. Grund dafür ist, dass der Börsenhandel in Europa auf fünf Hauptplätze verteilt ist, darunter London und Frankfurt. Dadurch verteilt sich die Liquidität und außerbörslicher Handel wird für institutionelle Kunden attraktiver.
Über alle oft politisch induzierten Schwankungen hinweg zeigt sich der ETF-Markt hierzulande sehr robust, stark wachsend mit neuen Rekorden bei den Assets under Management. Was treibt ihn an?
Der Markt steuert tatsächlich wieder auf Rekordvolumina zu. Sowohl verwaltetes Vermögen („Assets under Management" – AuM) als auch Handelsvolumen steigen stark. Laut dem Analysehaus ETFGI liegen die AuM in ETPs in Europa derzeit bei 2,8 Billionen US-Dollar, weltweit bei 17,8 Billionen US-Dollar. Bis 2030 wird ein Anstieg auf rund 30 Billionen US-Dollar prognostiziert.
Was treibt dieses Wachstum?
Erstens sind ETFs kostengünstige Anlageprodukte, mit denen sich verschiedene Strategien sehr einfach umsetzen lassen. Zweitens gibt es regelmäßig neue Innovationen wie digitale Assets oder aktive ETFs. Zudem ist die hohe Liquidität attraktiv – wir können institutionellen Kunden innerhalb von 0,2 Sekunden Preise für zweistellige Millionenbeträge anbieten, was sehr schnelle Reaktionen auf Marktbewegungen ermöglicht.
Sie hatten die ETFs erwähnt, welche den Großteil des Marktes ausmachen. Welche sind das im Einzelnen?
Das sind überwiegend Standardfonds – sogenannte „Plain-Vanilla"-Produkte – welche die großen Indizes wie den S&P 500, Nasdaq 100, MSCI World oder EURO STOXX 50 abbilden. Dahinter stehen vielfältige Einsatzmöglichkeiten: häufig als Kerninvestment, aber auch für Absicherungen, Liquiditätspuffer oder Zwischenlösungen bei der Portfolio-Umstrukturierung.
Oft gehen die USA voran, aber bei Krypto-ETPs waren die Europäer die Vorreiter.
ETF Institutional Sales & Trading, DRW
Und es gibt neue Produkte, Themen-ETFs mit Künstlicher Intelligenz oder spezielle Strategie-ETFs. Was sind die Trends?
Der Bereich ist sehr spannend und von ständiger Innovation geprägt. Oft gehen die USA voran, aber bei Krypto-ETPs waren die Europäer die Vorreiter. Seit vergangenem Jahr gibt es jedoch auch in den USA physische Bitcoin-ETPs, die ein spektakuläres Wachstum gezeigt haben. Bei Strategie-ETFs sehen wir vermehrt sogenannte „Buffer ETFs" – zum Beispiel eine Kombination aus S&P 500 und einer Put-Option. Solche optionengestützten ETFs haben einen gewissen Abwärtsschutz.
Und dann gibt es noch die aktiven ETFs. Was tut sich in diesem Segment?
Auch hier gibt es starkes Wachstum. Laut ETFGI stieg das globale Volumen im Jahresvergleich um 26 Prozent auf 1,5 Billionen US-Dollar. Aktive Fonds erlauben es Emittenten, sich bei Kunden zu differenzieren und ihre besondere Anlagestrategie einzubringen. Es gibt viele Varianten, meist mit klaren Regeln – jedoch ist hier eine gründliche Due-Diligence-Prüfung notwendig.
In Europa ist eine neuere Innovation der sogenannte „semi-transparente ETF", bei der der Asset-Manager die Strategie nur teilweise oder mit zeitlicher Verzögerung offenlegt.
Besonders stark wird in Europa das Thema Nachhaltigkeit propagiert. Dazu gibt es sogenannte ESG-ETFs mit den Kriterien Environment, Social und Governance. Da scheint die Begeisterung nachzulassen.
Diese Produkte finden nach wie vor Nachfrage, aber weniger als in den vergangenen Jahren. Die Herausforderung bei ESG ist, dass eine sehr gründliche Prüfung nötig ist – man muss genau nachvollziehen, wie ESG definiert und umgesetzt wird. Das ist oft komplex, und jeder Anbieter hat eine etwas andere Definition. Für Investoren wird es dadurch schwieriger, solche ETFs in die eigene Strategie zu integrieren – man spürt inzwischen eine gewisse Vorsicht.
Zum Schluss: Was erwarten Sie von den Märkten in den nächsten Monaten? Wird es zu heftigen Korrekturen kommen?
Zur Vorbereitung auf die kommenden Monate beobachten wir viele makroökonomische Faktoren. Wenn es um konkrete Prognosen geht, sind wir als Handelsunternehmen jedoch vorsichtig – wir geben keine Anlageempfehlungen. Ich kann nur sagen: Es bleibt spannend, und ETFs ermöglichen es, schnell auf sich verändernde Marktbedingungen zu reagieren.
