Interview mit Jörg Wucherpfennig | „Präzise gesteuert auf der Erfolgslinie bleiben“
Warum ist ein Fondsmanager für ein passives Produkt wie einen ETF überhaupt nötig?
Die Frage wird immer wieder gestellt. Man liest häufig, dass ETFs keinen Fondsmanager haben und deshalb so günstig sind. Richtig ist: ETFs sind kosteneffizient. Aber natürlich benötigen sie ein erfahrenes Fondsmanagement-Team, um das Bestmögliche aus einer Anlage herauszukitzeln. Mal anders gesagt: Der Rennfahrer fährt ja immer die vorgegebene Rennstrecke. Da gibt es den einen Piloten, der Weltmeister wird, und die vielen anderen, denen das nie gelingt. Es macht also einen Unterschied, wie gut ein Pilot die vorgegebene Strecke meistert. Was beim Rennfahrer die Zehntelsekunde ausmacht, ist für den Fondsmanager passiver Strategien der ein oder andere Basispunkt Zusatzertrag.
Dann wollen wir mal schauen, um im Bild zu bleiben, ob Sie das Zeug für den ETF-Weltmeister haben. Lassen Sie uns die verschiedenen Situationen durchspielen, in denen Sie aktiv werden müssen. Es gibt zunächst unterschiedliche Replikationsmethoden für die Indizes: physisch oder Swap-basiert. Wie werden Sie gefordert?
Produktwahrheit und -klarheit stellen für uns das A und O dar. Wir bieten Anlegerinnen und Anlegern höchstmögliche Transparenz. Diese stellen wir am besten durch die physische Replikation sicher. Nehmen wir den DAX. Dieser Index beinhaltet 40 Aktien, die wir in unseren Deka DAX ETFs mit entsprechender Gewichtung quasi 1:1 halten. Eine andere Möglichkeit ist die Swap-basierte oder synthetische Replikation. Hier wird die Performance eines Trägerportfolios durch ein Swapgeschäft gegen die Performance des Index getauscht. Im Trägerportfolio können dann zum Beispiel bei einem DAX-ETF nur Staatsanleihen sein. Diese Abbildungsmethode birgt Emittentenrisiken, die sich bei physischer Nachbildung umgehen lassen. Deshalb sind Deka ETFs, bis auf eine Ausnahme, physisch replizierend. Nur der Deka MSCI Emerging Markets UCITS ETF nutzt noch Swaps. Das werden wir ändern.
Was macht dem Fondsmanagement denn mehr Arbeit?
Arbeit machen beide Methoden und erfordern ein gewisses Maß an Expertise. Wir konzentrieren uns auf die physische Abbildung, weil wir sie für die intuitivere Variante halten. Bei ETFs muss das Fondsmanagement immer zum richtigen Zeitpunkt Aktien oder Renten in der richtigen Gewichtung im Depot haben. Beim Swap spielt die Gestaltung des Trägerportfolios eine wichtige Rolle. Generiert es Erträge passend zum Index? Wie genau wird der Swap gestaltet? Was ist seine optimale Laufzeit? Denn die Swapgeschäfte müssen immer wieder erneuert werden. Da kann er mal besser als der Index liegen, manchmal aber eben auch schlechter.
Zusatzfrage: Gibt es weitere Vorteile der physischen Replikation?
Ja. Denn die Aktien, mit denen wir die Indizes nachbilden, sind regelmäßig mit einem Stimmrecht ausgestattet. Diese Stimmrechte nutzen wir aktiv. Unser Corporate-Governance-Team führt die Stimmrechtsausübung auf den Hauptversammlungen der jeweiligen Gesellschaft aus. Insgesamt haben sie im Jahr 2024 auf mehr als 1.200 Hauptversammlungen die Stimmrechte der Anlegerinnen und Anleger wahrgenommen.
Bleiben wir also bei der physischen Replikation. Da gibt es Indizes mit ganz vielen Aktien. Der MSCI World hat zum Beispiel 1400 aus 23 Ländern. Da machen es sich manche Fondsgesellschaften einfach, haben nur eine Auswahl von Aktien, deren Erträge nahe an der Indexperformance sind, im Portfolio.
Das ist das sogenannte Sampling. Das machen wir im Allgemeinen nicht. Denn die meisten Aktien in solchen Indizes kommen aus entwickelten Märkten mit hoher Liquidität. Das heißt, wir können sie jederzeit kaufen und verkaufen.
Manchmal gibt es jedoch Ausschlusskriterien, die von der jeweiligen Unternehmensphilosophie abhängen. Wir, und das gilt für alle Deka Investmentfonds, investieren grundsätzlich nicht in Hersteller kontroverser Waffen. Entsprechend kaufen wir solche Aktien auch nicht in unsere ETFs. Das Gewicht dieser Aktien ist äußerst überschaubar, daher ist der Einfluss auf die Performance auch begrenzt.
Was machen Sie bei Indexanpassungen? Ein Wert scheidet aus, ein anderer wird aufgenommen, und manchmal ändert sich auch die Gewichtung.
Hier ist Präzisionsarbeit gefragt, denn es kommt darauf an, zum richtigen Zeitpunkt zu verkaufen und zu kaufen. Das muss effizient geschehen, am besten durch Minimierung der Handelskosten. Dabei hilft unser Investmentprozess. Mit entsprechender Größe am Markt lassen sich vorteilhafte Konditionen nutzen. Das kommt dem ETF und seiner Performance zugute.

Maßstab ist immer, was für die Anlegenden die beste Lösung ist und wie sich das auf den Kurs des ETF auswirkt.
Leiter ETF-Management, Deka Investment
Wie sieht das bei Kapitalmaßnahmen aus, zum Beispiel Erhöhung des Grundkapitals oder Unternehmensfusionen? Da erhalten Aktionäre oft Bezugsrechte, die sie verkaufen oder wahrnehmen können.
Das muss im Einzelfall genau geprüft werden, vor allem auch, wie sich der Index verändert. Besondere Aufmerksamkeit ist bei einer Unternehmensfusion gefordert. Fragen wie: Nehmen wir den Geldausgleich, der Altaktionären geboten wird, oder verkaufen wir das Wertpapier gewinnbringender am Markt? Wie können wir am effizientesten an einer Kapitalmaßnahme teilnehmen? Maßstab ist immer, was für die Anlegenden die beste Lösung ist und wie sich das auf den Kurs des ETF auswirkt. So können wir geschickt kleine Vorteile erreichen, die dann die Performance des ETFs steigern.
Zum Schluss: Wie können Privatanlegende erkennen, ob das passive Fondsmanagement einen guten Job macht? Eine gewisse Abweichung des ETFs von der Performance des Index ist doch schon allein durch die Managementgebühr gegeben.
Richtig, aber durch geschickte Zusatzerträge lässt sich die Managementgebühr zum Teil kompensieren. Deshalb ist ein bloßer Vergleich der laufenden Kosten der Verwaltung des ETFs nicht ausreichend. Es kommt auf die Trackingdifferenz an. Sie gibt den Unterschied zwischen der Performance des ETFs und des Index an. Darin sind auch die laufenden Kosten enthalten.
Zudem ist der Tracking Error, die Schwankung der Trackingdifferenz, ein Maß, das eine Aussage über die Qualität des Fondsmanagements erlaubt. Für die privaten und genauso institutionellen Anlegenden bedeutet das: Achten Sie auf eine stabile Performance des ETFs im Vergleich zum Index. Dann haben Sie gut gewählt.