Interview mit Christopher Eisele |
„Steuervorteile clever nutzen“

Christopher Eisele leitet eine Agentur der Provinzial-Versicherung, ist aber auch in den sozialen Medien aktiv. Sein Thema ist Alters­vorsorge mit ETF-Policen. Er erläutert, worauf Anlegerinnen und Anleger achten müssen.

Sie leiten eine Versicherungsagentur, Sie trainieren als Coach Kollegen, Sie diskutieren mit Finanzinfluencern in den sozialen Medien, und Sie haben dazu eine provokante Internetadresse: „Versicherung zahlt nie". Wie managen Sie alle diese Rollen und vor allem die provokante Adresse, die ja gar nicht zu einer Versicherung passt?

Als mein Partner Pascal Groß und ich 2019 die Provinzialagentur übernahmen, war uns klar: Wir müssen in den sozialen Medien aktiv sein. Und dafür brauchten wir einen Namen auf Instagram und YouTube, der Aufmerksamkeit erregt. Für uns war das das Klischee, dass Versicherungen nie bezahlen, obwohl wir wissen, dass dies absurd ist. Das ist ein Vorurteil, das gerne angeklickt wird. So können wir Nutzer mit seriösen Informationen ansprechen und nebenbei mit dem Vorurteil aufräumen. Denn die Versicherungsbranche zahlt jedes Jahr Milliarden.

Was ist Ihre übergreifende Botschaft?

Kümmere dich frühzeitig um deine Altersvorsorge. Klar, Haftpflichtversicherungen oder Kfz-Versicherungen sind wichtig, dazu informieren wir auch. Aber zusätzliche Altersvorsorge über die gesetzliche Rente hinaus, wird immer wichtiger. Das geht jeden an. Jeder ist davon betroffen, wenn er in den Ruhestand geht. Clevere Altersvorsorge mit ETFs – das ist unser Thema.

Wann haben Sie sich das erste Mal mit ETFs befasst?

Das war erst 2015, als ich das erste Mal von ETFs in einem Podcast hörte. Ich dachte, Aktien und Börse hätten eher was mit Zocken zu tun. Aber das Konzept der ETFs, die langfristig die Aktienentwicklung widerspiegeln, hat mich überzeugt. Als mein Partner und ich uns dann regelmäßig über die Notwendigkeit von Altersvorsorge austauschten, wurde uns immer klarer, welche Vorteile Sparen mit ETFs bieten. Daraus entwickelte sich auch das Coaching von Versicherungskollegen, die alles über Sachversicherungen wissen, aber deren Wissen bei Konzepten für die Altersvorsorge eher ausbaufähig ist.

Sie sagen, dass dieses Thema jeden angeht. Aber wie ist das in der Bevölkerung? Ist die Notwendigkeit zusätzlicher Altersvorsorge schon Allgemeinwissen? Wie sind Ihre Erfahrungen?

Ich denke, wenn man Leute auf der Straße fragt, ob ihre gesetzliche Rente später reichen wird, werden die meisten mit Nein antworten. Aber kaum jemand hat eine Vorstellung, wie man vorsorgen kann. Das ist ein waberndes Thema, das gerne weggeschoben wird. Dann wird nicht gehandelt. Wenn wir im Beratungsgespräch aber aufzeigen, was sie später bekommen, dann wird ihnen klar, dass sie jetzt beginnen müssen zu handeln. Nur so können sie einigermaßen sicher sein, dass sie genug über die gesetzliche Rente hinaus haben werden.

Dann lassen Sie uns die verschiedenen Varianten unter die Lupe nehmen. Es gibt einmal den klassischen ETF-Sparplan, den man bei jeder Bank abschließen kann und einen ETF-Sparplan im Versicherungsmantel. Beginnen wir mit dem ETF-Sparplan bei der Bank. Was ist der Vorteil?

Mit einem ETF-Sparplan kann man sehr flexibel agieren: die monatliche Sparrate festlegen und wieder verändern, den Sparplan aussetzen und dann wieder aufnehmen, sich vorzeitig auch das Geld auszahlen lassen, wenn es nötig sein sollte. Das ist alles ziemlich flexibel. Nach unserer Erfahrung gilt: Wenn ich einen Horizont von zehn bis 15 Jahre habe, ist der klassische Sparplan eine gute Variante.

Christopher Eisele, Agenturinhaber, Finanz- und Versicherungsexperte
Aber für diese Versicherung bekommt man eine ganze Reihe von Steuervor­teilen, die diese anfänglichen Kosten in der langen Laufzeit überwiegen.
Christopher Eisele
Agenturinhaber, Finanz- und Versicherungsexperte

Wie sieht es mit der fondsgebundenen Versicherung aus? Das ist der Fachausdruck für diese Sparform, und der Name besagt auch schon, dass ich nicht notwendigerweise in ETFs sparen muss, sondern dass auch aktive Fonds, manchmal sogar von Versicherungen selbst aufgelegt, zum Tragen kommen können.

Ich spreche lieber von Sparen im Versicherungsmantel. Der umhüllt die ETFs, die ich statt der teureren aktiven Fonds vorziehe. Dieser Versicherungsmantel kostet erstmal Geld, die sogenannten Abschlusskosten, die bei einem monatlichen Sparplan in den ersten fünf Jahren für die gesamte Laufzeit anfallen. Aber für diese Versicherung bekommt man eine ganze Reihe von Steuervorteilen, die diese anfänglichen Kosten in der langen Laufzeit überwiegen.

Also vergleichen wir genau die Steuervorteile.

Beim klassischen ETF-Sparplan fällt seit 2018 die sogenannte Vorpauschale an. Anlegerinnen und Anleger müssen während der Laufzeit dieser Sparpläne im Depot Steuern zahlen, selbst wenn sie noch keine Gewinne realisiert haben. Da läppert sich einiges zusammen, je nachdem wie sich die Märkte und Zinsen entwickeln.

Wie sieht es mit dem Versicherungsmantel aus?

Da fällt die Vorpauschale nicht an. Die Steuer greift erst bei der Auszahlung. Es gibt also einen Steuerstundungseffekt. Der Vorteil ist, dass das Geld, das nicht als Steuern bezahlt wird, weiter angelegt bleibt und für uns weiter Rendite erwirtschaftet.

Der Staat fördert Sparen für die Altersvorsorge. Gibt es noch einen Vorteil für den Versicherungsmantel?

In der Tat. In der Auszahlungsphase muss ich mit Versicherungsmantel 42,5 Prozent meiner Erträge versteuern. Im Fall des klassischen ETF-Sparplans sind es 70 Prozent.

Zwischenfrage: Ist mit dem Versicherungsmantel eine Risiko­lebensversicherung verbunden?

Das kann, muss aber nicht sein. Mit einer Risiko­lebensversicherung versichert man den frühen Tod mit einer bestimmten Todesfallleistung. Die ist frei von Einkommen- und Kapitalertragsteuer. Ohne diese würde der ETF-Sparplan zum aktuellen Wert vererbt, auf den Kapitalertragsteuer entfällt.

Kann ich im Versicherungsmantel nicht nur mit einem ETF, sondern auch mit einem diversifizierten ETF-Portfolio sparen?

Ja, das ist ohne weiteres möglich. Es gibt verschiedene Varianten: mehrere Policen mit jeweils einem ETF oder eine ETF-Police mit mehreren Fonds gebündelt. Wenn sich das angestrebte Verhältnis der Fonds im Sparplan wegen der Marktentwicklung verändert, dann gibt es ein kostenloses und steuerfreies Rebalancing.

Wir hatten ja schon über die Abschlusskosten gesprochen. Aber es gibt noch mehr Kosten, die von Versicherung zu Versicherung unterschiedlich sein können. Habe ich einen klaren Überblick, was der ETF-Sparplan im Versicherungsmantel wirklich kostet?

Ja, den haben Sie. Es müssen immer die sogenannten Effektivkosten ausgewiesen werden. Daran können Sie erkennen, wie die erwartete Rendite durch die Effektivkosten geschmälert wird.

Sind darin auch die Kosten der ETFs selbst enthalten?

Das sind sie. Nehmen wir den MSCI World. Wenn der ETF 0,2 Prozent pro Jahr kostet und ich ausgewiesene Effektivkosten von 0,7 Prozent habe, dann weiß ich, dass 0,5 Prozent für den Versicherungsmantel anfallen, was ein günstiger Wert ist.

Wenn ich in Rente gehe, kann ich mit einem klassischen ETF-Sparplan nach und nach Geld entnehmen und den Rest weiterarbeiten lassen. Geht das auch mit Versicherungsmantel?

Im Prinzip ja, aber das kommt auf die Versicherung an. Nicht jede bietet diese Möglichkeit. Die Bedingungen müssen genau in der Vertragsgestaltung festgelegt werden. Das ist nicht immer leicht zu durchblicken.

Was mir nicht so gefällt, ist, dass häufig pauschal vor ETF-Policen im Versicherungsmantel gewarnt wird.

Apropos Durchblick. Sind die Informationen der Finanzinfluencer, die Sie beobachten, zuverlässig?

Im Großen und Ganzen sind sie sauber recherchiert, vor allem in den großen Kanälen. Was mir nicht so gefällt, ist, dass häufig pauschal vor ETF-Policen im Versicherungsmantel gewarnt wird. Die Steuervorteile seien angesichts der Kosten nicht hoch genug. Das stimmt für eine lange Laufzeit von zwanzig Jahren aufwärts einfach nicht.

Zum Schluss bitte eine kleine Checkliste: Wie gehen Anlegerinnen und Anleger am besten vor?

Zunächst muss man checken, wie viel Rente habe ich später zu erwarten. Als Faustformel würde ich von 40 Prozent vom aktuellen Nettoverdienst ausgehen. Dann fehlen mir 60 Prozent vom aktuellen Verdienst.

Und was ist mit der Inflation?

Die müssen Sie schätzen. Dazu brauchen Sie einen Inflationsrechner. In der Regel kann das ein Laie nicht leisten. Er benötigt einen guten Berater, der Ihnen unterschiedliche Berechnungen präsentieren kann.

Welche Sparform wähle ich?

Für die Altersvorsorge empfehle ich zu 100 Prozent ETFs im Versicherungsmantel. Dafür gibt es klare Steuervorteile gegenüber dem klassischen ETF-Sparplan, die bei langer Laufzeit auf jeden Fall zum Tragen kommen. Man muss auf die Effektivkosten achten und sollte eine Police mit hoher Flexibilität wählen.

Disclaimer

Diese Darstellungen inklusive Einschätzungen wurden nur zum Zwecke der Information des jeweiligen Empfängers erstellt. Die Informationen stellen weder ein Angebot, eine Einladung zur Zeichnung oder zum Erwerb von Finanzinstrumenten noch eine Empfehlung zum Erwerb dar. Die Informationen oder Dokumente sind nicht als Grundlage für irgendeine vertragliche oder anderweitige Verpflichtung gedacht, noch ersetzen sie eine (Rechts- und / oder Steuer-) Beratung; auch die Übersendung dieser stellt keine derartige beschriebene Beratung dar. Die hier abgegebenen Einschätzungen wurden nach bestem Wissen und Gewissen getroffen und stammen (teilweise) aus von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen. Eine Haftung für die Vollständigkeit, Aktualität und Richtigkeit der gemachten Angaben und Einschätzungen, einschließlich der rechtlichen Ausführungen, ist ausgeschlossen. Die enthaltenen Meinungsaussagen geben unsere aktuelle Einschätzung zum Zeitpunkt der Erstellung wieder. Die Einschätzung kann sich jederzeit ohne Ankündigung ändern. Jeder Empfänger sollte eine eigene unabhängige Beurteilung, eine eigene Einschätzung und Entscheidung vornehmen. Insbesondere wird jeder Empfänger aufgefordert, eine unabhängige Prüfung vorzunehmen und / oder sich unabhängig fachlich beraten zu lassen und seine eigenen Schlussfolgerungen im Hinblick auf wirtschaftliche Vorteile und Risiken unter Berücksichtigung der rechtlichen, regulatorischen, finanziellen, steuerlichen und bilanziellen Aspekte zu ziehen. Sollten Kurse / Preise genannt sein, sind diese freibleibend und dienen nicht als Indikation handelbarer Kurse / Preise.

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