Kolumne Dr. Bernhard Jünemann |
Der Charme der zweiten Reihe

Trotz aller Krisen, schwachem Wachstum und Trumps erratischer Zollpolitik haben sich Aktien im ersten Halbjahr sehr gut entwickelt. Besonders gefragt war Europa, allen voran auch deutsche Titel. Der DAX legte gut 20 Prozent zu. Noch besser liefen die kleineren Werte. Der SDAX schaffte mehr als 28 Prozent. Der MDAX mit den mittelgroßen Werten war immerhin genau so stark wie der DAX. Schon wurde im Netz allenthalben wieder über „Hidden Champions" gejubelt, die allen Unbilligkeiten trotzen können.

In der Tat gibt es die versteckten Sieger, und das macht den Charme der zweiten Reihe aus. Doch auf Indexebene, zum Beispiel mit dem SDAX und seinen 50 Werten, gehören nicht eben alle dazu. Warum ist die zweite Reihe insgesamt trotzdem so gut gestiegen?

Die genaue Analyse dämpft die Begeisterung ein wenig. Im vergangenen Jahr sind MDAX und SDAX ziemlich schlecht gelaufen. Der MDAX verlor fast sechs Prozent, der SDAX zwei Prozent, während der DAX fast 19 Prozent zulegte. Ein Großteil der Bewegung in diesem Jahr lässt sich also mit der Deckung eines Nachholbedarfs erklären, unterstützt durch den generell guten Lauf europäischer Aktien, die von internationalen Anlegenden zeitweise gegenüber US-Titel favorisiert wurden.

Ein weiterer Grund für die gute Performance könnte darin liegen, dass Small Caps hierzulande weniger vom Export nach Amerika abhängen als die großen Firmen. Nach einer Studie der DZ Bank erwirtschaften die SDAX-Unternehmen 40 Prozent ihres Umsatzes in Deutschland und 80 Prozent in Europa. Da bleibt rechnerisch nicht allzu viel für den Export nach Amerika übrig.

Schließlich gibt es, wie erwähnt, in der Tat „Hidden Champions", die Produkte anbieten, die ihnen ein Alleinstellungs­merkmal bieten. Das gilt oft zum Beispiel für den deutschen Spezial-Maschinenbau, der sich gegen die Konkurrenz aus Asien und Amerika absetzt. Der kann dann 15 Prozent Zoll wegstecken, die Preise entsprechend erhöhen, zumal die asiatische Konkurrenz unter ähnlich hohen Sätzen leidet.

Deutsche Small Caps mögen ihre besondere Stärke haben. Aber auch in Europa können sich die kleineren Werte gut behaupten. So hat der STOXX Europe 600 im ersten Halbjahr rund sechs Prozent gewonnen. Für den STOXX Europe 50 waren es nur drei Prozent. Der MSCI Europe Small Caps mit fast 900 Werten schaffte immerhin 12 Prozent.

Zugestanden: Kurzfristig sind diese Performance­vergleiche nicht so aufregend. Dennoch gehören Small Caps in ein breites ETF-Portfolio. Wer sein Depot aktiv verwaltet, öfters umschichtet, und bei schwachen Kursen systematisch kauft, kann solche Zyklen gewinnsteigernd nutzen. Die meisten ETF-Anlegenden sind jedoch langfristig ausgerichtet. Wer einfach liegen lässt oder vielleicht mit einem Sparplan den Cost-Average-Effekt nutzt, kann sich langfristig trotzdem mit Small Caps über ordentliche Gewinne freuen.

Dabei kommt es natürlich immer auf den Beobachtungs­zeitraum an. Im Vergleich der letzten fünf Jahre hat der SDAX 52 Prozent gewonnen, der DAX aber sogar 94 Prozent. Nehmen wir den Zeitraum seit Anfang 2009, also kurz nach der Finanzkrise, bringt der SDAX stolze 580 Prozent auf die Waage und hängt sogar den DAX mit 472 Prozent ab.

Kleine und mittelgroße Werte schmücken jedes langfristig aus­gerichtete Depot.

Damit wird eine Untersuchung des britischen Ökonoms E. F. Schumacher von 1973 wieder einmal bestätigt. Der Titel „Small is beautiful" wurde zurecht zum geflügelten Wort. Kleine und mittelgroße Werte schmücken jedes langfristig ausgerichtete Depot.

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