Interview mit Veronika Kylburg |
„Ganz einfach auf Europa setzen“

Veronika Kylburg ist Executive Director für Global Benchmarks DAX bei STOXX. Im Gespräch erläutert sie, warum sich ein Blick auf deutsche und europäische Indizes lohnt und was ein Index als Basiswert für einen ETF mitbringen muss.

STOXX gehört zu den großen internationalen Indexanbietern. Wo sehen Sie Ihre besondere Stärke?

Unsere bekanntesten Indizes sind der DAX, der EURO STOXX 50 und der STOXX Europe 600. Unser Angebot ist sehr breit, insgesamt berechnen wir über 18 000 Indizes. Eine wichtige Rolle spielen dabei regionale Benchmarks, die gleichzeitig als Basis für viele thematische Konzepte dienen. In dem breiten Indexangebot, gepaart mit der Innovationskraft und Flexibilität, auf unterschiedliche Bedürfnisse der Kunden einzugehen, liegen die Stärken von STOXX. Natürlich sind die Marken DAX und STOXX, die wir unter einem Dach vereint haben, mit einer guten Reputation ausgestattet. Auch das macht unsere Stärke aus.

Veronika Kylburg, Executive Director für Global Benchmarks DAX bei STOXX
Alleine im März 2025 sahen MDAX-ETFs Mittelzuflüsse von über 1,5 Milliarden Euro.
Veronika Kylburg
Executive Director für Global Benchmarks DAX bei STOXX

Was sind die wichtigsten aktuellen Indextrends? Sie haben ja schon Themenindizes angesprochen.

In der Tat sind thematische Indizes seit einigen Jahren zunehmend gefragt. Auch bei STOXX wird dieser Entwicklung große Bedeutung beigemessen. Das hängt auch damit zusammen, dass wir sehr gute Daten zur Verfügung haben. So können wir schnell auf neue Anforderungen reagieren. Zum Beispiel haben wir vor kurzem Krypto-Indizes lanciert. Wir bieten auch diverse Themenindizes zu künstlicher Intelligenz an. Die Trends bei den bewährten Standardindizes sind zurzeit wegen der globalen politischen Entwicklungen sehr spannend. Wir sehen seit Anfang des Jahres verstärkt Mittelzuflüsse bei ETFs, die auf DAX- und europäische STOXX-Indizes setzen. Sehr erfreulich finde ich, dass auch der MDAX, mit 50 mittelgroßen deutschen Unternehmen, mehr Beachtung findet. Alleine im März 2025 sahen MDAX-ETFs Mittelzuflüsse von über 1,5 Milliarden Euro. Trotz der starken Kursschwankungen im April zeigt sich, dass die Assets under Management (AuM), die investierten Volumina, recht stabil bleiben. Ich denke, diese relative Stärke ergibt sich auch aus der Sparplanfähigkeit vieler ETFs: Anlegerinnen und Anleger können mit einem langfristigen Engagement den bekannten Durchschnittskostenansatz nutzen. Kurzfristige Kursrückgänge fallen so weniger ins Gewicht.

Blicken wir auf das Jahr 2000 zurück. Damals wurden die ersten ETFs auf zwei europäische STOXX-Indizes an der Deutschen Börse eingeführt. 2001 wurde die erste DAX-Lizenz erteilt. Was muss ein Index erfüllen, damit ein reibungsloses ETF-Geschäft gewährleistet wird?

Lassen Sie mich das am Beispiel des DAX erklären. Ein Index muss repräsentativ für einen bestimmten Markt sein, im Fall des DAX für große deutsche Aktientitel. Er muss ferner handelbar und gut replizierbar sein. Dazu ist es nötig, dass das Regelwerk transparent und nachvollziehbar ist. Für das ETF-Portfoliomanagement bedeutet dies, dass sich der Index jederzeit eins zu eins nachbilden lässt und der sogenannte Tracking Error im ETF nur sehr gering ist. Nur so lässt sich dann auch der ETF sehr günstig anbieten. Um das alles sicherzustellen, überprüfen wir regelmäßig unser Regelwerk und nehmen erforderliche Anpassungen – in Abstimmung mit dem Markt – vor. Das gilt vor allem für Flagship-Indizes wie den DAX und den EURO STOXX 50. An ihnen hängt immerhin ein sehr großes verwaltetes Vermögen.

Zudem berechnen Sie auch Indizes mit speziellen Merkmalen, zum Beispiel die Dividendenstärke. Wird so etwas nachgefragt?

Eine überdurchschnittliche Ausschüttungsrendite ist bei Anlegerinnen und Anlegern beliebt. Für die DAX- und STOXX-Index-Familien gibt es entsprechende Indexvarianten. Ich möchte als Beispiel den DAXplus Maximum Dividend nennen, der die 25 Unternehmen mit der höchsten erwarteten Dividendenrendite aus dem HDAX umfasst. Grundlage bilden somit 110 Werte aus dem DAX, dem MDAX und dem TecDAX.

Noch einmal zu den regelmäßigen Index-Veränderungen: Der DAX wurde 2021 von 30 auf 40 Werte erweitert. Hat sich das bewährt?

Unbedingt. Ich hatte ja bereits gesagt, dass wir alle Indizes regelmäßig überprüfen, auch die Anzahl der Komponenten eines Index. Im Laufe der Zeit hatte sich zwischen der Marktkapitalisierung des DAX gegenüber dem MDAX ein Missverhältnis aufgebaut. Der Ansatz ist, dass Firmen aus dem MDAX in den DAX aufsteigen können, wenn sie eine gewisse Größe (Streubesitz-Marktkapitalisierung) erreichen. Da gab es dann immer stärkere Verschiebungen, sodass der MDAX von großen Werten dominiert wurde, die nicht in den DAX aufsteigen konnten. Die Anzahl von 30 Werten im DAX erwies sich daher nicht mehr als optimal. Die Erhöhung auf 40 Werte und die gleichzeitige Reduktion des MDAX von 60 auf 50 Werte hat dieses Verhältnis wieder korrigiert und gleichzeitig die Diversifikation im DAX zusätzlich verbessert.

Das klingt für viele private Anlegerinnen und Anleger sehr kompliziert. Gibt es ein paar einfache Tipps zur Auswahl?

Grundsätzlich müssen Anlegerinnen und Anleger sich zuerst über ihre Investmentziele klar werden. Wollen sie mehr breite Streuung oder Konzentration auf einzelne Regionen oder Themen? Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Risikostreuung. Wenn ein Index mehrere Länder umfasst, sollte man prüfen, ob nicht ein Land oder eine Region überrepräsentiert ist. Das könnte im Fall von starken Turbulenzen negative Folgen haben. Eine breitere Diversifizierung ist dann die bessere Lösung. Die Länder- oder Branchenallokation eines Index kann man über das ETF-Produktprofil beim Emittenten einsehen.

Gilt das auch für sogenannte Nachhaltigkeitsindizes? Immerhin müssen Banken und Sparkassen jetzt auch zur Nachhaltigkeit beraten?

Wir haben ein sehr breites Angebot von Nachhaltigkeitsindizes, zum Beispiel den DAX 50 ESG. Er bildet die 50 größten und liquidesten Unternehmen im deutschen Aktienmarkt ab, die nicht in den Geschäftsfeldern kontroverse Waffen, Tabak, Kernenergie, Kraftwerkskohle oder Rüstungsgüter aktiv sind und vergleichsweise gute ESG-Scores aufweisen. Die Abkürzung ESG steht für Environmental, Social and Governance, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Daneben gibt es sogenannte SRI-Indizes, die auf Social Responsibility setzen und eine noch striktere Auswahl verfolgen. Private Anlegerinnen und Anleger können so zielgerichtet gemäß ihren eigenen Nachhaltigkeitsanforderungen auswählen.

Vielen fehlt angesichts der riesigen Auswahl Klarheit. Was braucht die Gruppe privater Anlegerinnen und Anleger, um möglichst einfach den deutschen und europäischen Markt abzubilden?

Für Deutschland kommt den meisten relativ schnell der DAX in den Sinn. Man sollte aber auch ergänzend den MDAX berücksichtigen. Auf europäischer Ebene bietet sich der EURO STOXX 50 an und, breiter gefasst, der STOXX Europe 600. Man kann natürlich auch weitere Varianten von STOXX-Indizes wählen und damit über das Währungsgebiet des Euros hinausgehen.

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