Interview Luca Kroschke |
„Kluge Selektion - mehr Rendite“

Luca Kroschke ist Portfoliomanager bei der Berenberg-Bank in Frankfurt im Bereich Multi Asset und zuständig für die Auswahl von ETFs und aktiven Managern.

Welche Aufgaben nehmen Sie für den Bereich Wealth and Asset Management von Berenberg wahr?

Für Multi Asset gibt es verschiedene Teams. Zum einen auf der Ebene Strategy and Research, wo Marktmeinungen formuliert und Investmentideen generiert werden. Zum anderen auf der Ebene des Portfoliomanagements, wo systematische und diskretionäre Strategien umgesetzt werden. Ich und mein Team kümmern uns um die Selektion von ETFs und Managern für aktive Lösungen. Wir sind aber nicht nur für die Selektion, sondern auch für die Integration und Überwachung in den Portfolios und Mandaten zuständig.

Gibt es dazu so etwas wie eine übergeordnete Anlagephilosophie?

Wir wollen wahres Multi Asset anbieten. Dazu suchen wir im liquiden Universum nach den besten Opportunitäten für unsere Kunden. Das bezieht sich nicht nur auf die Standardanlageklassen wie Aktien und Renten, sondern auch auf Rohstoffe oder exotische Anleihen wie zum Beispiel aus Frontier-Märkten. Im Bereich Aktien selektieren wir auch Einzeltitel. Dazu verfolgen wir einen Quality-Growth-Ansatz. Wir suchen nach Unternehmen, die sehr robuste Bilanzen aufweisen und von strukturellem Wachstum profitieren. Dabei setzen wir nicht nur auf die großen Unternehmen, sondern suchen auch nach Opportunitäten bei mittelständischen und kleineren Unternehmen.

Wann kommen in diesem Selektionsprozess ETFs zum Einsatz?

Für den Einsatz von ETFs gibt es drei Gründe. Erstens nutzen wir ETFs zur Allokationssteuerung. ETFs sind günstig und flexibel zu handeln. Damit lässt sich eine Aktien- oder Anleihequote schnell hoch- oder runterskalieren. Zweitens setzen wir mit ETFs taktisch besondere Anlageideen um, ohne uns dem kurzfristigen Alpha-Risiko eines aktiven Managers auszusetzen. Drittens investieren wir mit ETFs in einem Markt, der sehr effizient ist, in dem es daher sehr schwerfallen dürfte, mit aktivem Management eine Outperformance zu generieren.

Wie wählen Sie ETFs aus? Es gibt ja immer unterschiedliche Indizes und Anbieter.

Grundsätzlich wollen wir bei der Selektion ein hohes Maß an Flexibilität beibehalten, uns also nicht an starre Strukturen binden. Das ist eben mit ETFs besonders gut möglich. Dann schauen wir uns die Anbieterebene und die Produktebene an. Die Anbieter müssen bestimmte Mindestkriterien erfüllen, wie zum Beispiel Unterzeichner der UN PRI sein. Bei den Produkten geht es zunächst darum, wie gut die Indizes Märkte abbilden. Für die Replikationsmethoden – ob physisch oder synthetisch – sind auch steuerliche Aspekte wichtig. Wenn man mit einem synthetischen ETF Steuern sparen und die Performance steigern kann, greifen wir dort zu. Dazu kommen dann die Standardkriterien wie Liquidität, Tracking Error und Kosten. ETFs gelten zwar als einfache Produkte, wir aber haben die Erfahrung gemacht, dass man mit kluger Selektion zusätzliche Renditen erzielen kann.

Außer den Standardprodukten gibt es sogenannte Strategie-ETFs, auch Smart Beta genannt. Nutzen Sie diese?

Grundsätzlich setzen wir Smart Beta in der Vermögensverwaltung eher selten ein. Faktorallokationen werden meist über Einzeltitel oder aktive Fonds umgesetzt. In bestimmten Marktphasen, in denen wir auf Aktien mit geringer Volatilität setzen, kommen auch schon mal Smart-Beta-Produkte zum Einsatz.

Sie hatten schon Nachhaltigkeitskriterien bei den Anbietern kurz angesprochen. Gibt es für Nachhaltigkeit schon Nachfrage?

Institutionelle Kunden fordern immer stärker die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit. Bei Privatkunden ist dieser Trend noch nicht sehr ausgeprägt. Aber generell ist Nachhaltigkeit bereits ein zentraler Bestandteil in unseren Anlagestrategien. Dabei gehen wir in Bezug auf aktive und passive Fonds unterschiedlich vor. Aktive Fonds müssen einen detaillierten Fragebogen beantworten, auf Basis dessen wir einen ESG-Score berechnen können. Bei passiven ETFs orientieren wir uns überwiegend an Ausschlusskriterien. Allerdings gibt es immer wieder in der Vermögensverwaltung Fälle, in denen wir keine ESG-konformen ETFs selektieren können, weil es die für bestimmte Regionen und Sektoren einfach nicht gibt.

Wir prüfen fortlaufend, ob der Risikogehalt unserer Portfolios zu unseren Markterwartungen passt.

Setzen Sie Themen-ETFs ein? Zum Teil beanspruchen die ja im Sinne von Impact-Investment einen besonders hohen Grad an Nachhaltigkeit.

Solche Fonds kommen bei uns in der Breite nicht zum Einsatz. Zugestanden, da gibt es manch intelligente Indexkonstruktion. Die ist aber meistens global ausgerichtet. Wir dagegen möchten eine eigenständige Länderallokation vornehmen. Die lässt sich oft besser mit aktivem Management umsetzen.

Wie gestalten Sie das Risikomanagement, über die breite Diversifikation der Portfolios hinaus?

Wir prüfen fortlaufend, ob der Risikogehalt unserer Portfolios zu unseren Markterwartungen passt. Zusätzlich schauen wir uns die Sensitivitäten des Portfolios zu wichtigen Risikofaktoren an, wie z.B. den Kreditrisikoprämien, wobei wir natürlich auch deren Korrelation zueinander berücksichtigen.

Zudem prüfen wir die individuellen Risikobeiträge der einzelnen Anlagen zum Portfoliorisiko und nehmen Anpassungen vor, sobald gewisse Grenzen überschritten werden, um Klumpenrisiken im Portfolio zu vermeiden.

Positionierungsanpassungen können dabei physisch oder in unseren Publikumsfonds auch über Derivate erfolgen.

Wie haben Sie damit die letzten Jahre gemeistert? Gerade das Jahr 2022 mit den Nachwirkungen der Pandemie, mit Krieg in der Ukraine, mit Inflation und Zinswende war sehr herausfordernd.

Das war so. Gleichwohl hat das herausfordernde Umfeld auch neue Chancen geboten. So gab es in den vergangenen Monaten deutlich mehr Opportunitäten im Anleihesegment, die für unsere Kunden auskömmliche Renditen geboten haben. Prinzipiell haben wir die Anleihequoten angehoben, im vergangenen Jahr kurzfristig aber die Duration verkürzt, im Multi-Asset auf Rohstoffinvestments gesetzt und von Allokationen zum Beispiel in Frontiermärkte profitiert. Damit konnten wir das insbesondere für unsere Wachstumsaktien negative Marktumfeld durch diversifizierende Maßnahmen etwas für unsere Kunden abmildern.

Wie sehen Sie die Märkte in den kommenden Monaten? Auf welche Parameter muss man achten?

Zwei Parameter stehen im Vordergrund. Zum einen geht es darum, wie sich die restriktive Geldpolitik auf die Realwirtschaft und damit die Unternehmensgewinne auswirken wird. Vorsorglich haben wir unser Aktienexposure etwas reduziert. Zum anderen erwarten wir eine erhöhte Zinsvolatilität, aber im Grunde weiterhin ein hohes Renditeniveau. Daraus sollten sich Opportunitäten ergeben, von denen man als Multi-Asset-Investor gut profitieren kann.

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