Tanja Heinrich und Dr. Gabriele Widmann. |
„Frauen, habt Mut!“

Tanja Heinrich und Dr. Gabriele Widmann von der Deka bieten mit „Money on Her Mind“ einen regelmäßigen Podcast für Frauen und alle, die mehr über Wertpapiere wissen möchten. Ihre Botschaft: Frauen können ihre Geldanlage selbst in die Hand nehmen.

Finanzen gelten nicht als typisches Frauenthema. Ändert sich das?

Heinrich: Das hat sich schon geändert, und darüber sind wir sehr froh. Es gibt inzwischen mehr Frauen, die berufstätig sind und die eigene Karriere verfolgen, selbst wenn sie dies mit einer Familie organisieren müssen. Entsprechend nimmt das Bedürfnis zu, Geld zu investieren. Aktuell besitzen 8,1 Millionen Männer bundesweit Geldvermögen in Form von Wertpapieren. Bei den Frauen sind es gerade einmal 4,7 Millionen. Wir haben also noch ein wenig Aufholbedarf.

Was führte dazu, dass Sie einen regelmäßigen Podcast speziell für Frauen machen? Brauchen Frauen Rat von Frauen?

Heinrich: Wir richten uns an alle, die sich mit Geldanlagethemen befassen möchten – auch Männer. Frauen haben spezielle Lebenssituationen, in denen wir sie abholen können. Zum Beispiel stecken viele beruflich für einige Zeit zurück, weil die Kinderbetreuung im Vordergrund steht oder weil sie Angehörige pflegen. Daraus ergeben sich Finanzfragen, bei denen wir sie unterstützen möchten. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Altersvorsorge.

Widman: Auf vielen Sparkassenveranstaltungen, die von Männern und Frauen besucht werden, erlebe ich, dass vor allem die Männer Fragen stellen. Frauen trauen sich oft nicht, weil sie denken, sie würden sich mit Finanzthemen nicht gut genug auskennen. Unser Podcast ist für sie wie ein geschützter Raum. Hier bekommen sie Antworten auf ihre Fragen und Finanzwissen, das sie dabei unterstützt, ihre Finanzen selbstbewusst in die eigene Hand zu nehmen. Meine Botschaft an die Frauen lautet: Wenn ihr nichts macht, werdet ihr das eines Tages sehr bedauern.

Heinrich: Wir können uns aus eigener Erfahrung in die Lebenssituationen anderer Frauen hineinversetzen und berichten häufig von persönlichen Erlebnissen. Übrigens ist unser Podcast zugleich eine Plattform für starke Frauen in der Sparkassenfinanzgruppe, die so ihr Wissen und ihre berufliche Karriere mit anderen teilen können. Das soll junge Frauen mit Blick auf ihre Finanzen und ihre Berufswege ermutigen.

Wie läuft diese Kommunikation ab? Wie bekommen Sie Rückmeldungen?

Heinrich: Wir teilen unseren Podcast in den sozialen Netzwerken und fordern die Hörerinnen auf, uns per E-Mail zu schreiben. Diese Anregungen und Fragen greifen wir in den Podcasts auf oder antworten direkt per E-Mail auf die Fragen.

Was wollen Frauen vor allem? Es gibt ja eine Reihe von Untersuchungen, die zeigen, dass Frauen bei der Geldanlage generell vorsichtiger als Männer agieren.

Heinrich: Uns Frauen ist Sicherheit bei der Geldanlage besonders wichtig, richtig. Das geht einher mit dem Bedürfnis, sich gründlich zu informieren und ein neues Thema auch richtig zu durchdringen. Aber Sicherheit allein reicht nicht. Wer einfach nur „sicher“ spart, verliert angesichts der hohen Inflation real Geld. Deshalb muss man bei allem Sicherheitsbedürfnis auch bestimmte Risiken eingehen. Wir vermitteln, dass wer breit streut und langfristig investiert, keine Angst vor der Investition in risiko- und renditereichere Anlagen haben muss. Studien zeigen, dass im Durchschnitt Frauen, die Risiken mit mehr Bedacht eingehen, oftmals erfolgreicher sind als Männer.

Bei Aktien könnte das ziemlich stressig werden, da sie ja bekanntermaßen heftig schwanken können. Können Sie Frauen trotzdem für Aktien begeistern?

Widmann: Dazu ist es wichtig, die Hintergründe zu kennen, warum Aktienmärkte schwanken. Aktien sind ja Unternehmensanteile, deren Wert vom Wirtschaftswachstum und von der Entwicklung der Gewinne abhängt. Ob Aktienkurse steigen oder fallen, wird maßgeblich davon beeinflusst, ob die Märkte von steigenden oder von fallenden Gewinnen ausgehen. Bei der langfristigen Geldanlage ist die trendmäßige Entwicklung aber viel wichtiger als das Auf und Ab der Aktienkurse. Vereinfacht gesagt, gilt: In einer wachsenden Weltwirtschaft steigen im Durchschnitt die Gewinne. Wer diesen Zusammenhang kennt und wer bei der Geldanlage langfristig denkt, kann besser mit den Schwankungen umgehen.

Das erfordert bestimmte Formen von Risikomanagement, zum Beispiel sich möglichst breit gestreut aufzustellen. Sind Frauen dazu bereit?

Widmann: Nach meiner Erfahrung ganz klar ja, wenn sie die Grundprinzipien kennen. Und diese greifen wir in unseren Podcast-Folgen auf. Wir reden darüber, dass man am besten über die Anlageklassen hinweg streut, also beispielsweise Liquidität, Anleihen, Aktien und Immobilien. Innerhalb der Anlageklassen ist es wiederum besser, nicht nur eine einzelne Aktie oder Anleihe zu haben, sondern eine Vielzahl von Titeln, beispielsweise in Form von Fonds. Diese bündeln viele Wertpapiere unter einem Mantel. Der Vorteil von breit gestreuten Fonds: In Phasen, in denen das eine Wertpapier nicht so gut läuft, kann ein anderes sich möglicherweise besser entwickeln. Dies kann beispielsweise bei Aktien und Anleihen der Fall sein oder bei Aktien von Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen. Diese jeweiligen Kursbewegen werden im Fonds tendenziell ‚geglättet‘. So geht es über alle Schwankungen hinweg langfristig in der Tendenz nach oben. Wenn Frauen dies verinnerlicht haben, können sie risikofreudiger investieren und auch noch ruhig schlafen.

Damit sind wir bei den Instrumenten, die unterschiedliche Risiken haben: Aktien, Anleihen, Einzelinvestments oder aktive und passive Fonds, vielleicht sogar in der Form von Sparplänen.

Widmann: Dazu muss man sagen: Auf die Mischung kommt es an. Es empfiehlt sich eine Mischung von Aktien und Anleihen und eine breite Verteilung über unterschiedliche Branchen und Regionen der Welt. Aktien- und Renten- oder Mischfonds, regelmäßig bespart, ergeben eine gute Basis für den langfristigen Vermögensaufbau. Solche Instrumente können gut liegen gelassen werden, ohne ständig überlegen zu müssen, ob sie noch rentabel sind. Ergänzend können auch Einzelwerte hinzukommen, die dann vielleicht etwas mehr Abwechslung bieten, weil sie das Wohl und Wehe eines Unternehmens direkt widerspiegeln.

Das Deutsche Aktieninstitut gibt regelmäßig Zahlen zum Aktienbesitz heraus. Im vergangenen Jahr haben wir gesehen, dass die Anzahl der Anlegerinnen stärker zunimmt als die der Anleger.

Heinrich: Das Deutsche Aktieninstitut gibt regelmäßig Zahlen zum Aktienbesitz heraus. Im vergangenen Jahr haben wir gesehen, dass die Anzahl der Anlegerinnen stärker zunimmt als die der Anleger. Das freut uns natürlich besonders, dass mehr Frauen sich an die Börse wagen. Auffällig ist, dass Anlegerinnen stärker auf Fonds und ETFs setzen, was auch dafür spricht, dass sie breit diversifizieren.

Wie groß ist das Interesse an ETFs bei den Frauen? Der Name ist ja ein bisschen sperrig und deshalb vielleicht eher abschreckend.

Heinrich: Das schreckt Frauen inzwischen nicht mehr. Das Interesse ist groß und wird größer, auch wenn es für ETFs in der Regel keine so intensive Beratung gibt. Deshalb sind vor allem Anlegerinnen daran interessiert, die gerne selbst entscheiden. Frauen wissen, wenn sie einen ETF besparen, erhalten sie die Sicherheit eines (sogar bei der Insolvenz des Instituts) geschützten Sondervermögens – so wie auch bei aktiv gemanagten Fonds – und partizipieren an der Wirtschaftsentwicklung mit einem breiten Index. Sparpläne sind dabei eine gute Möglichkeit, diszipliniert über alle Schwankungen hinweg anzulegen.

Seit einigen Jahren gibt es die Möglichkeit von Robo Advisors oder der digitalen Vermögensverwaltung, die individuelle Risikovorgaben umsetzen. Genutzt werden dazu überwiegend ETFs. So etwas gibt es auch im Sparkassensektor mit bevestor. Greifen Frauen zu?

Heinrich: Ja, auch Frauen nutzen diese Möglichkeit. Die Idee einer digitalen Vermögensverwaltung hat Charme. Mit ein paar Klicks kann man ein Anlegerinnenprofil ermitteln lassen und erhält einen darauf abgestimmten Portfoliovorschlag. Nach meiner Erfahrung schätzen viele Frauen jedoch auch die persönliche Beratung – gerne durch eine Frau.

Gibt es genügend Beraterinnen?

Widmann: Nach meinem Eindruck haben wir im Sparkassensektor eine ausreichende Anzahl an Beraterinnen. Wie die eingesetzt werden, obliegt der jeweiligen Sparkasse vor Ort. Generell ist die Sensibilisierung für eine andere Kommunikation bei der Beratung von Frauen gestiegen. Darauf stellen sich viele Sparkassen ein.

Bei jeder Art von Beratung ist das Thema Nachhaltigkeit inzwischen gefragt. Wie reagieren Frauen?

Widmann: Ich kann bestätigen, dass Frauen oft nachhaltiges Investieren ansprechen. Dabei geht es darum, dass die Firmen, in die investiert wird, bestimmte ethische und soziale Standards einhalten. Was hierbei konkret nachhaltig bedeutet, wird breit diskutiert, auch auf der Ebene der EU, und so manches ist noch strittig. Nachhaltiges Investieren ist gar nicht so einfach, wie man auf den ersten Blick denken könnte. Wo ziehe ich die Grenze, was toleriere ich noch, was nicht?

Habt Mut, habt keine Angst vor Fehlern!

Zum Schluss: Was raten Sie den Frauen? Wie sollen sie angesichts der Informationsflut am besten vorgehen?

Heinrich: Wir geben immer den Rat: Fangt einfach an. Hört in unseren Podcast rein, lest, und startet am besten mit kleineren Beträgen. Schaut, wie sich ein Investment entwickelt, lernt mit Schwankungen umzugehen. Vielleicht beginnt diese Art der Geldanlage sogar Spaß zu machen.

Widmann: Ich ergänze dann gerne: Habt Mut, habt keine Angst vor Fehlern! Gerade wenn ihr am Anfang mit kleinen Beträgen agiert, mit Geld, das ihr nicht zum Überleben braucht, kann nicht viel schief gehen. So sammelt ihr Erfahrungen und findet euren Weg, mit Wertpapieranlagen umzugehen und am Ende „mehr“ aus eurem Geld zu machen.

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