Interview
„Mit ETFs die Nerven behalten.“
Der Ukraine-Krieg, die Inflation und die Zinswende setzen Vermögensverwaltungen unter Druck. Das gilt auch für die Asset Concepts GmbH aus Bad Neuenahr-Ahrweiler. Geschäftsführer Marc Lessenich und Portfoliomanager Thomas Roche erläutern ihre Strategie mit Indexfonds.
Asset Concepts bietet ein breites Spektrum von Vermögensbetreuung. Wer sind Ihre Kunden? Und wie viel Vermögen verwalten Sie?
Lessenich: Wir haben einmal große institutionelle Kunden, wie Versicherungen und Pensionskassen. Für die sind wir als ausgelagerte Manager von Spezialfonds tätig. Daneben betreuen wir Depots für private Kunden, Stiftungen und auch Unternehmen. Insgesamt verwalten wir 600 Millionen Euro. Der Löwenanteil entfällt auf das institutionelle Geschäft. Aber das Privatkundengeschäft hat in den vergangenen zwei Jahren stark an Bedeutung gewonnen.
In Ihrer Region gab es im vergangenen Sommer eine dramatische Flutkatastrophe. Wie hat sich die bei Ihnen ausgewirkt?
Lessenich: Wir haben uns natürlich auch Sorgen um unsere Kunden gemacht. Fast jeder war irgendwie betroffen. Aber die Kunden haben sich auch um uns gesorgt. Unser Firmensitz war zum Glück nicht stark betroffen, aber für mindestens drei Wochen hatten wir keinen Strom und auch kein Internet. Was das in der heutigen digitalen Welt bedeutet, kann sich jeder leicht ausmalen. Wir mussten daher in ein „Notbüro“ umziehen. Und das haben wir letztlich ganz gut gemeistert, so dass wir bereits am Montag nach der Katastrophe wieder voll funktionsfähig waren.
Verfolgen Sie eine übergreifende Strategie? Es geht ja immer um Rendite und Risiko, was in diesen immer noch weitgehend zinslosen Zeiten schwierig in der Balance zu halten ist.
Lessenich: Wir glauben nicht, das kurzfristiges spekulatives Handeln langfristig Erfolg bringt. Deshalb lautet unsere Philosophie: größtmögliche Streuung der Assets, höchste Kosteneffizienz und striktes Risikomanagement. Klar ist, dass wir was das Verhältnis Rendite und Risiko angeht, auch nicht zaubern können. Wer in dieser Niedrigzinsphase Geld verdienen will, nach Kosten, Steuern und Inflation, muss eine gewisse Risikobereitschaft zeigen. Konkret heißt das für uns, dass 40 Prozent des von uns verwalteten Vermögens auch risikobereit angelegt werden muss, wenn nachher eine positive Netto-Rendite herauskommen soll. Ein konservatives Portfolio bieten wir konsequenterweise zurzeit auch nicht an. Unser Konzept wurde beispielsweise von der Zeitschrift CAPITAL in unabhängigen Vermögensverwaltertests mehrfach ausgezeichnet.
Viele reden inzwischen bei aller Risikobereitschaft von Nachhaltigkeit. Ist dieses Thema bei Ihren Kunden schon angekommen?
Lessenich: Definitiv ja, bei institutionellen Kunden aber auch bei vielen privaten Kunden. Wir entsprechen diesem Bedürfnis, indem wir auf ETFs setzen, die nach ESG-Regeln gefiltert werden. Allerdings achten wir darauf, dass die ESG-Filter nicht zu einer zu starken Konzentration innerhalb der ETFs führen, dies würde unseren Ansatz der breiten Streuung aushebeln.
Dann sind wir schon bei den Instrumenten. Sind ETFs generell das Mittel der Wahl?
Roche: Einzelinvestments und aktive Fonds spielen in unseren Portfolios keine Rolle. Wir investieren ausschließlich in ETFs, zum einen aus Gründen der Kosteneffizienz, zum anderen auch aus Gründen der Performance. Es gibt zahlreiche Studien, die immer wieder bestätigen, dass nur wenige aktive Manager es schaffen, die Märkte zu schlagen, und wenn doch, dann meist auch nur für eine begrenzte Zeit. Uns leitet, was der Gründer von Vanguard John Bogle, immer gepredigt hat: Kluge Investoren versuchen nicht, den Markt zu schlagen, sondern investieren langfristig in breit diversifizierte Indexfonds. Genau diese Anlagephilosophie ist auch die unsere.
Nun ist aber nicht jeder Indexfonds gleich Indexfonds. Es gibt unterschiedliche Marktdefinitionen, unterschiedliche Anbieter, unterschiedliche Abbildungsqualitäten. Wie wählen Sie aus?
Roche: Ein großer Vorteil ist nach unserer Ansicht, dass wir an kein Produkt oder keinen Anbieter gebunden sind, sondern uns frei aus der gesamten verfügbaren Palette der ETFs bedienen können. Natürlich haben wir unsere Anforderungen. Die Kosten sollten gering, der Tracking Error klein sein. Wichtig ist auch die Größe der Fonds, sie sollte mindestens 100 Millionen Euro oder Dollar umfassen. Das ist vor allem für institutionelle Kunden extrem wichtig, weil dieser Punkt eine gewisse Garantie ist, dass ein so großer Fonds nicht so schnell wieder geschlossen wird wie ein kleiner. Damit verbunden sind die Liquidität und die Handelbarkeit der Produkte. Was geht an den Börsen um? Wie zuverlässig sind die Market Maker? Danach selektieren wir.
Ist die Replikationsmethode, ob physisch oder synthetisch, dann zweitrangig?
Roche: Im Prinzip ziehen wir aus Risikoaspekten physische den synthetischen Produkten vor. Aber man muss auch immer darauf schauen, um welchen Markt es sich handelt. Nicht jeder lässt sich physisch zu vertretbaren Kosten replizieren oder bietet andere Vorteile synthetischer Produkte. Wir schauen auch darauf, wo die ETFs aufgelegt werden und ob sie über eine Mindestaktienquote verfügen, um eventuell von steuerlichen Aspekten für Privatanleger profitieren zu können.
Decken Sie mit den ETFs die ganze Palette der Anlageklassen ab, also neben Aktien und Anleihen auch Rohstoffe oder indirekt Immobilien?
Roche: Wir schließen keine Anlageklasse aus die über ETFs investierbar ist. Zum Teil haben institutionelle Kunden ohnehin gewisse Vorgaben, in was man nicht investieren darf. Daran halten wir uns selbstverständlich.
Lessenich: Tendenziell haben wir weniger die Immobilien im Fokus, was daran liegt, dass die meisten unserer privaten Kunden ohnehin Immobilienbesitz haben und den nicht noch über ETFs aufstocken möchten.
Neben den Standardprodukten gibt es Strategie-ETFs, auch gerne als Smart Beta bezeichnet. Nehmen Sie so etwas in die Depots?
Roche: Wir berücksichtigen auch Strategie-ETFs in unserer Asset Allocation, zum Beispiel Faktorinvestments mit Merkmalen wie Small Caps oder Value. Zusätzlich spielen je nach Marktphase auch Themen-ETFs eine Rolle. Das sind dann aber opportunistische Beimischungen, je nachdem, was gerade attraktiv erscheint.
Märkte können heftig schwanken, ja regelrecht abstürzen, was wir gerade wieder nach dem russischen Überfall auf die Ukraine sehen. Wie gestalten Sie das Risikomanagement?
Roche: Risikomanagement ist fest in unserer Investmentphilosophie verankert. Da wir ausschließlich in ETFs investieren, wird erst einmal das Risiko einzelner Aktien nivelliert. Außerdem vermeiden wir das Manager-Risiko wie bei einem aktiv gemanagten Fonds. Das Marktrisiko insgesamt wird durch die weltweite Streuung abgefedert. In der aktuellen Situation gerade hat zum Beispiel der amerikanische Aktienmarkt weniger verloren als der europäische. Schnell rein, schnell wieder raus – das ist nicht unsere Investmentphilosophie. Denn die Gefahr dabei ist, dass man zu spät aussteigt und zu spät auch wieder einsteigt. Wir machen unseren Kunden klar, dass sie eine gewisse Risikobereitschaft und -tragfähigkeit mitbringen sollten, um langfristig eine angemessene Rendite zu erwirtschaften. Wenn es Kunden wünschen, bieten wir auch Sicherungsstrategien gemäß CPPI – Constant Proportion Portfolio Insurance an. Damit wird das maximal mögliche Risiko vorgegeben. Entsprechend wird das Portfolio je nach Marktphase angepasst.
Langfristig orientierte Anleger können auch diese Phase überstehen, wenn sie mit ETFs breit diversifiziert und global aufgestellt sind.
Was erwarten Sie nun für 2022? Es gibt den Krieg in der Ukraine, es gibt heftige Inflationstendenzen und Notenbanken, die eine Zinswende einleiten.
Roche: Generell geben wir keine Prognosen ab. Prognosen sind aus unserer Sicht nicht seriös. Aber, Sie haben recht, die genannten Punkte treiben uns um und werden uns auch in den nächsten Monaten umtreiben, ja vielleicht das ganze Jahr. Die Volatilität wird hoch sein. Unsere Botschaft ist: Nerven behalten. Langfristig orientierte Anleger können auch diese Phase überstehen, wenn sie mit ETFs breit diversifiziert und global aufgestellt sind.