Interview
„Die Präferenz der Kunden entscheidet“
Die MEAG – MUNICH ERGO Asset Management GmbH ist mit rund 340 Milliarden Euro verwaltetem Vermögen eine der großen Anlagegesellschaften der Welt. Anna Podoprigora, Portfolio-Managerin Multi-Asset, erläutert, welche Rolle ETFs für ihre Investments spielen.
Die MEAG ist für alle Kapitalanlagen der Munich Re zuständig. Arbeiten Sie nur für interne Kunden, also die Rück- und die Erst-Versicherung? Oder auch für externe Kunden?
Der größte Teil unserer Assets under Management entfällt auf die Konzernkunden. Aber wir haben auch externe Kunden, sowohl institutionelle als auch private. Das sind üblicherweise Kirchen, Versorgungswerke, kleinere Pensionskassen, Stiftungen. Die Privatkunden werden überwiegend durch Fondslösungen bedient, die jeder kaufen kann. Dafür haben wir ein breites Angebot parat, mit Anleihen, Aktien und Multi-Asset-Produkten.
Sie sind Portfoliomanagerin für Multi-Assets. Was gehört alles dazu?
Wir kümmern uns vorrangig um die Gelder von Drittkunden. Wir betreuen institutionelle und Retailportfolios. Die sind global aufgestellt, umfassen also Regionen wie Europa, die USA, Asien und die Emerging Markets.
Welche Anlageklassen verwenden Sie?
Es gilt der Grundsatz, dass die Assets liquide sein müssen, also an den Börsen gehandelt werden. Denn unsere Fonds sollen den Kunden tägliche Liquidität gewährleisten. Beigemischt sind auch Produkte mit mindestens einwöchiger Liquidität. Das können wir gut managen, um die Anforderungen zu erfüllen. Auf der Anleiheseite geht es vorrangig um klassische Staats- und Unternehmensanleihen, also Produkte mit hohem Investment-Grade. Aber wir nutzen auch High-Yield-Unternehmensanleihen sowie Nachranganleihen von Banken. Zudem setzten wir begrenzt auf Rohstoffe. Die kommen zum Beispiel in unseren Ergo Vermögensmanagement-Fonds zum Einsatz, in Form von Total-Return-Swaps, ETCs oder breiten ETF-Körben.
Wie gehen Sie mit den Niedrigzinsen um? Als Kapitalmanager für Versicherungen müssen Sie ja risikoavers agieren, können also nur begrenzt auf Aktien setzen.
Ja, das ist für unsere internen Kunden die Anforderung. Aber für unsere externen Kunden, die ich betreue, gilt das nicht. Dort bieten wir unterschiedliche Risikoprofile, von konservativ, über ausgewogen hin zu dynamischen und wachstumsorientierten Lösungen. Da entscheidet die Präferenz der Kunden. Die können sich für höhere Aktienanteile entscheiden als eine Versicherung.
Gibt es dann eine übergreifende Anlagephilosophie?
Die ist schon recht konservativ. Wir sind als Haus ja eher Anleihen-orientiert. Entsprechend haben wir ein sehr großes Fixed-Income-Research mit Spezialisten für Kreditrisiken, die sehr in die Tiefe gehen können. Damit können wir auch in diesem Bereich etwas risikobereiter als üblich agieren und zusätzliche Renditen erwirtschaften.
Damit sind wir schon bei den Instrumenten. Welche setzen Sie vorwiegend ein? Direktinvestments oder Fondslösungen?
Bei den Bonds dominieren Direktinvestments. Die können unsere Spezialisten gut selektieren. Auch bei den Aktien nutzen wir Einzellösungen, wenn wir die mit entsprechendem Research abdecken können. Dort wo uns die Expertise fehlt, wo es sich auch nicht lohnt, dafür eigene Teams aufzubauen, oder wenn es sich um Beimischungen handelt, setzen wir auf Fondslösungen. Überwiegend sind das ETFs.
Können Sie den Einsatz von ETFs noch näher erläutern? Wie agieren Sie aktuell?
Zurzeit sind das Märkte wie die USA, Schwellenländer oder auch japanische Aktien, die wir mit ETFs spielen. Das gilt auch für spezielle Themen. Wenn wir, wie jetzt, bullisch auf Banken sind, können wir sogar mit ETFs das Thema Nachranganleihen abbilden. Die mischen wir mit zwei Prozent bei. Ähnlich ist es im High-Yield-Bereich. So etwas können wir mit ETFs äußerst effizient steuern. In der Coronakrise im vergangenen Jahr haben wir erlebt, dass man aus Einzelinvestments mit Hochzinsanleihen nicht mehr rauskam. ETFs wurden jedoch noch gehandelt, wenn auch mit Risikoabschlägen. Wir haben uns deshalb dazu entschlossen, im Bondsegment immer zu einem gewissen Grad ETFs zu halten, weil wir damit die Investitionsquoten sehr gut steuern können.
Wie wählen Sie die ETFs aus? Es gibt ja für einzelne Märkte und Sektoren in der Regel verschiedene Anbieter und unterschiedliche Replikationsmethoden.
Natürlich schauen wir auf die Replikation, aber nicht dogmatisch. Es geht immer um mögliche Kontrahentenrisiken, die es bei physischen Produkten mit der Wertpapierleihe und bei synthetischen Fonds mit den Swap-Partnern geben könnte. Natürlich ist das Thema Kosten wichtig. Wir schauen auf die Gesamtkostenquote, aber auch auf die Tracking Difference, die ja letztlich alle Kosten enthält. Da kann es durchaus sein, dass ein synthetisches Produkt Vorteile bietet. Das ist zum Beispiel beim S&P 500 der Fall, weil wir im synthetischen Produkt die Quellensteuer auf Dividendenerträge umgehen können. Generell gilt: Je exotischer die Märkte sind, desto mehr müssen wir uns mit ihnen im Detail auseinandersetzen. Als Auswahlkriterien spielt dazu das Volumen eine Rolle, das ein Hinweis auf die Liquidität ist. Im Handel berücksichtigen wir die Spreads und die Abwicklungsgeschwindigkeit, die bei ETFs erfreulich hoch ist.
Wie halten Sie es mit der Nachhaltigkeit? Spiegelt sich die schon im Produktangebot wider?
Bei Nachhaltigkeit hat sich in diesem Jahr einiges getan. Wir haben fünf unserer Fonds auf Nachhaltigkeit umgestellt, darunter vier aus meinem Multi-Asset-Team. Wir nutzen dazu die üblichen Ausschlusskriterien, aber schauen auch genau auf Einzelinvestments. Jeder Analyst redet dazu noch einmal mit den Unternehmen und versucht, Nachhaltigkeitsrisiken zu identifizieren. Jede Empfehlung unserer Analysten enthält somit auch die Nachhaltigkeitsaspekte. Wir haben uns jetzt für das FNG-Siegel beworben und würden dann Produkte mit entsprechenden Nachhaltigkeits-ETFs anbieten.
Greifen Sie auch zu Strategie-ETFs, auch als Smart Beta bekannt?
Das haben wir in der Vergangenheit gemacht und werden es auch zukünftig tun. Entscheidend ist dafür die Investmenteinschätzung. Wenn unser Research der Meinung ist, dass Low Volatility besser als der Gesamtmarkt läuft, kaufen wir auch einen entsprechenden Faktor-ETF ins Portfolio.
Im vergangenen Jahr gab es noch einen Nachholbedarf beim Thema Nachhaltigkeit. Der ist aber in allen großen Märkten mittlerweile gedeckt.
Wie gestalten Sie das Risikomanagement? Passen Sie die Investitionsquoten an? Sichern Sie die Portfolios ab?
Unsere Präferenz liegt auf Absicherungsgeschäften mit Derivaten, vor allem bei Aktienengagements und zur Durationssteuerung. Wo möglich nutzen wir für die unterschiedlichen Märkte Futures. Auf der Währungsseite steuern wir das Exposure durch Devisentermingeschäfte. Die Investments direkt anzupassen, wird nach unserer Erfahrung nicht als effizient und ziemlich kostspielig betrachtet.
Wie sind Sie dann mit Ihren Multi-Asset-Produkten über die teilweise sehr bewegte Pandemiezeit hinweggekommen?
Im Großen und Ganzen sehr gut. Wir haben flexibel reagiert, waren schnell draußen, haben aber ebenso schnell wieder Risiko aufgebaut, wenn die Märkte drehten. Für mich selbst war es ein sehr erfreuliches Jahr. Denn der Global-Balance-Fonds, den ich manage, konnte im vergangenen Jahr zwischen fünf und zehn Prozent zulegen. Er wurde damals sogar mit fünf Sternen belohnt.
Was fehlt Ihnen noch im ETF-Angebot?
Im vergangenen Jahr gab es noch einen Nachholbedarf beim Thema Nachhaltigkeit. Der ist aber in allen großen Märkten mittlerweile gedeckt. Es gibt vielleicht noch Anleihelücken in den Bereichen Banken, Versicherungen und IT, aber die würde ich nach meiner Überzeugung ohnehin besser mit aktivem Management füllen.