Interview
„Nachhaltigkeit passt sehr gut zu den Sparkassen“
Ingo Speich ist seit Anfang April Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance der Deka Investment. Im Interview erläutert er, wie er seine Aufgaben wahrnehmen wird und was dies für die Entwicklung des ETF-Geschäfts bedeutet.
Welche strategische Bedeutung hat Nachhaltigkeit in der Deka? Nice to have – weil es gerade schick ist?
Diese Einstellung reicht schon längst nicht mehr. Nachhaltigkeit ist für die Deka von immenser strategischer Bedeutung. Wir sind der Überzeugung, dass ESG – Enviromental, Social und Governance, also Ökologie, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung immer wichtiger, ja letztlich überlebenswichtig werden. Deshalb wollen wir diesen Bereich deutlich ausbauen. Ich bin in dieser neuen Querschnittsfunktion in der Deka Investment für die strategische Entwicklung sowie für die operative Implementierung verantwortlich.
Lassen Sie uns zunächst über Governance sprechen. Da hat ja die Deka ihre Aktivitäten auf Hauptversammlungen schon in den vergangenen Jahren deutlich gestärkt, bei aktiven wie bei passiven Fonds. Was kommt da noch mehr?
Zunächst ist klar, dass wir eine treuhänderische Pflicht für die Fondsanleger erfüllen. Wir wollen den Wert der Unternehmen, in die wir investiert sind, langfristig verbessern. Dazu gehört vor allem die verantwortungsvolle Unternehmensführung, die wir anmahnen und durch unser Abstimmungsverhalten auf Hauptversammlungen im Interesse unserer Kunden auch durchsetzen. Nun ist der Besuch von Hauptversammlungen manchmal spektakulär, aber nur ein Teil der Arbeit für bessere Governance. Zusammen mit unseren Aktienspezialisten sehen wir zum Beispiel auch die Aufsichtsratsvorsitzenden, die Finanzvorstände sogar recht häufig, mitunter jeweils nach den Quartalszahlen, also bis zu viermal pro Jahr. Governance ist in der Deka ein sehr systematischer und vernetzter Prozess, bei dem verschiedene Abteilungen eng zusammenarbeiten.
Es gibt ja Mindeststandards für die Unternehmensführung, wie sie im Corporate Governance Kodex festgelegt sind. Die Deka geht jedoch darüber hinaus. Was fordern Sie mehr?
In der Tat sind wir an der einen oder anderen Stelle schärfer unterwegs. Das zielt zum Beispiel auf die Bewertung von Mandaten. Wir sind der Meinung, dass ein Aufsichtsratsmitglied nur wenige Mandate wahrnehmen sollte, damit er auch genügend Zeit hat, seiner Funktion gründlich zu entsprechen. Wir sind sehr restriktiv bei Kapitalvorratsbeschlüssen, weil wir die Verwässerung durch Kapitalerhöhungen für unsere Anleger geringhalten wollen. Auch bei der Vorstandsvergütung schauen wir genauer hin als andere, ob diese im Sinne der guten Unternehmensführung gerechtfertigt sind.
Wenn Sie sich mit anderen Fondsgesellschaften vergleichen, vor allem mit den großen angelsächsischen, nehmen Sie die Interessen deutscher Anleger anders wahr als diese?
Unsere Abstimmungsrichtlinien sind vielfach deutlich differenzierter für die deutschsprachigen Länder als bei vielen der ausländischen Fondsgesellschaften. Auch haben wir als deutscher Anbieter einen besonders intensiven Kontakt zu Aktiengesellschaften in Deutschland, Österreich und Schweiz. Deshalb verfügen wir oft über Erkenntnisse, die sehr aktuell sind und noch nicht in der Breite des Markts bekannt sind. Entsprechend schauen wir vor Hauptversammlungen nochmals sehr genau hin.
Zum Thema Nachhaltigkeit. Wie setzen Sie das um und durch?
Da müssen wir zwei Ebenen unterscheiden. Zum einen haben wir die Ebene des verantwortungsvollen Investierens. Diese geht auf von den Vereinten Nationen verabschiedete Leitlinien zurück, die wir seit 2012 unterzeichnet haben. Wir haben uns verpflichtet, Nachhaltigkeitselemente in der gesamten Breite unserer Anlagekriterien zu befolgen. Zum Bespiel schließen wir für die gesamte Palette der Deka-Fonds Firmen aus, die Streumunition, Landminen oder Handfeuerwaffen produzieren. Darüber hinaus gibt es die zweite Ebene. Auf dieser geht es um die speziellen Nachhaltigkeitsfonds. Für sie gelten weitere Ausschlusskriterien oder weitergehende Managementansätze zur Umsetzung der Nachhaltigkeit.
Kollidiert das nicht mit Prinzipien für passives Investierens, bei dem ja anerkannte Aktienindizes nachgebildet werden? Unter Umständen leidet die Abbildungsqualität.
Das ist in der Theorie vorstellbar. In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass die Auswirkung auf die Abbildungsqualität vernachlässigbar ist. Denn es handelt sich in der Regel um breite Indizes, so dass der Ausschluss einer Aktiengesellschaft nach den Leitlinien für verantwortungsvolles Investieren, kaum ins Gewicht fällt.
Zu den Fonds mit speziellen Nachhaltigkeitskriterien. Da sind Deka-ETFs noch sehr schwach unterwegs, obwohl ja inzwischen zu jedem Standardindex auch ein ESG-Index angeboten wird.
Genau das voranzutreiben, wird unsere Aufgabe sein. Das Thema hat, wie gesagt, für die Deka eine hohe strategische Relevanz. Meine Abteilung steht für die Entwicklung solcher Produkte beratend zur Seite. Da werden wir bald in eine neue Welt vorstoßen.
Die Deka hat private und institutionelle Kunden. Werden diese beim Thema ESG unterschiedlich behandelt?
Aus unserer Sicht spielt es keine Rolle, ob ein Kunde privat oder institutionell ist. Aber natürlich bieten wir großen institutionellen Kunden zum Beispiel bei Spezialfonds individuelle Nachhaltigkeitskriterien gemäß ihren Anlagewünschen an. Bei den Privatkunden verfolgen wir den Deka-Nachhaltigkeitsansatz. Der ist für die meisten Kunden sehr willkommen, weil sie darüber chancen-risiko-adjustiert Nachhaltigkeit in ihre Kapitalanlage integrieren können.
Für viele Privatanleger heißt nachhaltige Kapitalanlage auch, dass sie damit nachhaltig ordentliche Erträge erwirtschaften können. Können Sie das garantieren?
Wir können nur das garantieren, was eine Anlageklasse hergibt. Ein reines Aktienprodukt kann nun mal auch schwanken. Aber uns ist wichtig, dass der Kunde innerhalb einer Anlageklasse mit Nachhaltigkeit eine Rendite erzielt, die mit einem nicht-nachhaltigen Produkt vergleichbar ist. Im Durchschnitt zeigen die Untersuchungen dazu, dass Nachhaltigkeit kein Performancenachteil bedeutet. Außerdem fallen durch die Filterung oft Firmen mit Extremrisiken heraus. Das mindert dann auch extreme Draw-down-Risiken bei nachhaltigen Produkten.
Brüssel hat das Thema Nachhaltigkeit entdeckt. Es wird sogar erwartet, dass solche Produkte dem privaten Anleger vorgeschrieben werden sollen. Wie sehen Sie das?
Um es klar zu sagen: Von Brüssel wird es weitere Regulierungsschritte geben. Die ersten haben wir ja bereits für Unternehmen und große Investoren gesehen. Letztere müssen zukünftig über Nachhaltigkeit berichten. Es gibt einen Aktionsplan der EU-Kommission zum nachhaltigen Kapitalmarkt. Daran hat die Deka mitgearbeitet. Dieser wird dazu führen, dass in der Anlageberatung auch Nachhaltigkeitsaspekte abgefragt und die Privatkunden entsprechend aufgeklärt werden müssen. Darüber hinaus will Brüssel auch eine gewisse Lenkungsfunktion für nachhaltiges Anlegen implementieren und entwickelte eine umfangreiche Taxonomie. Die wird auf Umweltaspekte wie CO2 und Klimawandel abgestellt. Ich erwarte eine massive Regulierung zu Umwelt und Klimawandel. Je früher wir uns damit in der Kapitalanlage auseinandersetzen, desto besser werden wir uns positionieren.
Werden die Sparkassen in ihrem Verbund mitziehen? Die sind ja rechtlich unabhängig.
Das Thema Nachhaltigkeit passt sehr gut zu den Sparkassen. Das ist in ihrer Historie verankert und spiegelt sich auch in ihren Statuten wider. Zudem zeigen die Entwicklungen auf der Seite der Kunden eine zunehmende Sensibilisierung zu Nachhaltigkeitsthemen, nicht nur bei den jüngeren Sparkassenkunden. Noch besteht die Chance sich frühzeitig zu positionieren und so auch die Einzigartigkeit der Sparkassen DNA auszuspielen.