Interview
„Transparenz ist für uns sehr wichtig“
Die Frankfurter Bankgesellschaft konzentriert sich auf vermögende Kunden der Sparkassen. Wie dabei ETFs eingesetzt werden, erläutern Christian Vomberg, Leiter Vermögensverwaltung für Sparkassen, und René Schubert, Leiter Portfoliomanagement.
Die Frankfurter Bankgesellschaft ist eine Privatbank, die aber eine öffentliche Bank, die Helaba, als Gesellschafter hat. Welche Rolle nimmt sie für den Sparkassensektor wahr?
Schubert: Die Frankfurter Bankgesellschaft Gruppe – bestehend aus der Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG als Muttergesellschaft, der Frankfurter Bankgesellschaft (Deutschland) AG sowie der Family Office der Frankfurter Bankgesellschaft AG – versteht sich als „Die Privatbank“ der Sparkassen-Finanzgruppe. Sie bietet den Sparkassen für ihre sehr vermögenden Kunden hochwertige Vermögensverwaltungs- und Vermögensberatungsdienstleistungen und verfügt mit ihrem Family Office über das einzige, allen Sparkassen in Deutschland zugängliche, Multi-Family-Office der Sparkassen-Finanzgruppe. Die Frankfurter Bankgesellschaft Gruppe rundet somit ideal das Dienstleistungsangebot der Sparkassen ab und ergänzt das Angebot ihres Alleinaktionärs als Verbundbank für die Sparkassen in Hessen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg. Die Frankfurter Bankgesellschaft Gruppe verwaltet per 31.12.2017 über zwölf Milliarden Schweizer Franken an Kunden-Vermögen mit rund 170 Mitarbeitern in der Schweiz und Deutschland. Aktuell verfügt die Gruppe bereits über Kooperationen mit mehr als 60 Prozent aller Sparkassen in Deutschland.
Seit geraumer Zeit bieten Sie ergänzend eine Dienstleistung namens VVS – Vermögensverwaltung für Sparkassen an. Was bietet die im Einzelnen?
Vomberg: Mit unserem Angebot VVS haben wir vor geraumer Zeit eine Dienstleistung entwickelt, die es den Sparkassen ermöglicht, ihren Kundinnen und Kunden eine Vermögensverwaltung unter eigenem Namen anbieten zu können. Eine Besonderheit hierbei ist, dass die Depotführung für die Endkunden in der Sparkasse verbleibt und die Kundenbetreuung durch den etablierten Kundenberater bzw. die Kundenberaterin des Instituts erfolgt.
Schubert: Mit VVS können die Sparkassen zudem bereits ab 250.000 Euro eine im Schwerpunkt auf Einzeltiteln basierende Vermögensverwaltung anbieten, die um aktive sowie passive Fonds ergänzt wird. Die Kunden können aus fünf Strategien wählen, die auf bis zu elf Varianten erweiterbar sind, um den individuellen Rendite-/Risikoprofilen der Kunden gerecht zu werden.
Gibt es eine übergreifende Philosophie für die Vermögensverwaltung der Frankfurter Bankgesellschaft?
Schubert: Im Vordergrund all unseres Handelns steht unsere Betreuungsphilosophie: „Eine Spur persönlicher“. Unsere Investmentstrategie und somit das Leistungsversprechen an unsere Kunden lautet: „Stabilität für Ihr Vermögen“. Demnach steht bei uns das Erwirtschaften nachhaltiger Erträge mit besonderem Augenmerk auf Kapitalerhalt im Fokus. Aktives Management und die Absicherung von Risiken bilden hierbei einen wesentlichen Bestandteil unseres Investmentprozesses. Eine transparente Kommunikation unserer Anlageentscheidungen sowie der jeweiligen Markteinschätzung runden das Vorgehen ab.
Wie sehen Sie das Umfeld durch die Märkte in diesem Jahr? Welches sind die Herausforderungen, die gelöst werden müssen?
Schubert: Unsere Prognose sieht weiterhin ein synchrones globales Wirtschaftswachstum bis mindestens 2019 vor. Steigende US-Zinsen und der diesjährige Anstieg der Ölpreise reichen nicht aus, um die US-Wirtschaft und die Weltwirtschaft zu bremsen, zumindest nicht in diesem und sehr wahrscheinlich auch nicht im nächsten Jahr. Voraussetzung ist aber, dass die Inflation nur moderat steigt, was auf Basis der Inflationsentwicklung in den letzten drei Jahrzehnten anzunehmen ist. Italien dürfte eine Regierung mit einer kostspieligen Agenda (z.B. hohe Arbeitslosengelder, niedrigeres Rentenalter sowie tiefere und pauschale Steuersätze) und einem gespannten Verhältnis zur EU erhalten. Die Staatsfinanzen dürften sich nach den Fortschritten in den letzten Jahren wieder verschlechtern. Für eine Einschätzung der Regierung ist es allerdings noch zur früh, und wir ändern daher unsere Prognose für Italiens Wirtschaft (und damit auch für den Euroraum) vorerst nicht. Unsere Strategie basiert nach wie vor auf der empirischen Regelmäßigkeit, dass Aktien und Unternehmensanleihen meist besser als Staatsanleihen und Kontokorrentguthaben abschneiden, wenn die Wirtschaft in den USA und in Europa wächst und die Arbeitslosenquote sinkt, was – trotz etwas schwächeren Daten für die Eurozone – weiterhin der Fall ist. Die Kursverluste im Februar und März wurden daher auch in den beiden letzten Monaten vollständig (USA) oder fast vollständig (Europa) ausgeglichen. Die US-Handelspolitik bleibt zwar ein Risikofaktor, erfordert aber zurzeit keine Anpassung der Anlagestrategie.
Wann empfehlen Sie Direktanlagen, ob bei Renten oder Aktien, wann Fondslösungen?
Vomberg: Im Rahmen von VVS bilden Direktanlagen den Kern unserer Portfoliostruktur. Wir nutzen Direktanlagen sowohl im Aktien- wie auch Rentenbereich. Im Bereich der Aktien-Einzeltitel allokieren wir Titel aus den Regionen Europa und Nordamerika. Fondslösungen werden sowohl als Satelliten (für Segmente wie zum Beispiel Schwellenländer-Aktien, Schwellenländer-Renten, Wandelanleihen oder alternative Anlagen) als auch als Allokations- oder Absicherungsvehikel genutzt. Hierbei steht stets die vorgelagerte Frage an, ob ein aktives oder passives Vehikel im Portfolio- und Kundenkontext mehr Sinn stiften kann.
In welchen Fällen schlagen Sie passive Instrumente wie ETFs vor? Wann bevorzugen Sie herkömmliche Fonds?
Vomberg: Grundsätzlich sollte ein auszuwählender Manager in der Lage sein, in seinem Segment über verschiedene Marktzyklen hinweg betrachtet, konstantes Alpha erzielen zu können. In etablierten Marktsegmenten wie zum Beispiel Aktien-Nordamerika, ist dies aufgrund der Effizienz der zugrundeliegenden Märkte oft nur schwierig zu erzielen. In solchen Fällen bieten ETFs, insbesondere auch unter Nachkostenbetrachtung, für uns Vorteile. In Märkten, in denen es spezialisierten Managern gelingt, durch eigene Analysen, Erfahrungswerte oder guten Marktzugang einen dauerhaften Mehrwert zu erzielen, nutzen wir gerne aktive Fonds.
Wie groß ist inzwischen der ETF-Anteil an den Portfoliolösungen?
Vomberg: Der Anteil börsengehandelter Fonds liegt aktuell bei rund der Hälfte unserer gesamten Quote der verwendeten Kollektivanlagen. Hierbei verwenden wir ETFs sowohl im Renten- wie auch im Aktienbereich.
Wie wählen Sie die ETFs aus? Nach Replikationsmethode, Indexkonstruktionen, Kosten, Abbildungsqualität?
Vomberg: Bei der Wahl der zugrundeliegenden Indizes ist uns Transparenz sehr wichtig. Unser Anspruch hierbei ist, dass sich die Kunden mit dem Portfolio – und somit auch mit den verwendeten ETFs und zugrundeliegenden Indizes – identifizieren können. Bei der Wahl der zugrunde liegenden Replikationsmethode bevorzugen wir voll replizierende Strukturen, wenn auch nicht dogmatisch. Kosten und Trackingqualität spielen natürlich beim Vergleich der zur Auswahl stehenden Fonds eine nicht unwesentliche Rolle für unsere Selektionsentscheidung.
Nutzen Sie Strategie-ETFs, die ja gerne als Smart Beta bezeichnet werden? Wann sind Dividendenfonds, Minimum-Varianz oder andere Gewichtungen als nach Marktkapitalisierung eine Alternative?
Vomberg: Nein, derzeit nutzen wir keine Smart Beta- oder Faktor-ETFs in unseren Strategieportfolios und konzentrieren uns auf klassische Indizes als Underlyings. Generell halten wir es für schwierig, mit Konfidenz nach vorne projektieren zu können, welche Faktoren ex-ante potenziell diejenigen sein könnten, die im Kontext unserer ETF-Selektion einen zusätzlichen Renditebeitrag zur Gesamtperformance liefern könnten.
Wie beurteilen Sie die weitere Entwicklung des ETF-Geschäfts? Sehen Sie noch Lücken im Angebot?
Vomberg: Lücken im bereits sehr umfangreichen ETF-Angebot zu identifizieren, halten wir für schwierig. Grundsätzlich sehen wir noch weiteres, über das bisher vorhandene Angebot hinausgehendes, Potenzial bei der Berücksichtigung von verschiedenen Nachhaltigkeitskriterien in der Indexkonstruktion. Zudem ist für uns das Angebot währungsgesicherter Anteilsklassen im Sinne des Risikomanagements im Portfolio sehr wichtig, so dass dies ein interessantes Wachstumsfeld für einzelne Anbieter darstellen könnte.