Das ETF-Geschäft der Deka feiert zehnjähriges Jubiläum. Dr. Ulrich Neugebauer, Geschäftsführer Deka Investment und Leiter Quantitatives Fondsmanagement & ETF, zieht Bilanz und gibt einen Ausblick.
Kurz nach dem Einstieg der Deka in das ETF-Geschäft kam die Finanzkrise. Diese brachte trotz aller Turbulenzen den Durchbruch für ETFs bei den institutionellen Anlegern. Was macht diese Produkte so attraktiv?
Ich sehe dafür vor allem drei Gründe. Erstens bieten ETFs die Möglichkeit, sehr schnell auf Marktbewegungen zu reagieren. Zweitens erwirbt der Investor relativ einfach ein breit gestreutes Portfolio mit sehr niedrigen Kosten, sowohl für den Fonds als auch für den Handel. Der Bid-Ask-Spread an der Börse ist durch unsere vielen Market Maker in der Regel sehr eng. Drittens sind ETFs außerordentlich transparent. Transparenz war in der Finanzkrise und danach eines der höchsten Güter. Diese ist nur in einem Portfolio mit voller Replikation zu verwirklichen. Was auf dem ETF draufsteht, sollte auch im Portfolio enthalten sein. Kein Wunder, dass mit der Finanzkrise der Sieges- zug der Full-Replication einherging. Bei swapbasierten Lösungen muss man immer fragen, was denn genau im Fonds enthalten ist. Das schreckt viele Anleger ab.
Können Sie uns mehr zur Rolle des ETF-Geschäfts in der Deka Gruppe sagen? Die ETFs sind bei Ihnen im Quantitativen Fondsmanagement angesiedelt. Gibt es hier besondere Synergien?
Die Deka ist das Wertpapierhaus der Sparkassen. Damit ist gleichzeitig auch der Anspruch eines Vollsortimenters verbunden. Unter dem Dach der Deka werden alle Produkte angeboten, welche die Sparkassen auch ihren Kunden anbieten. ETFs und aktive Produkte gehören zusammen. Wir sehen grundsätzlich nicht, dass sich aktive und passive Ansätze ausschließen, sie ergänzen sich vielmehr, vor allem im institutionellen Bereich. Deshalb gehören die ETFs auch zu unserem quantitativen Fondsmanagement. Wir denken, dass wir dort die Synergien am besten heben können. Zudem können wir so einen integrierten Prozess bieten, der aktive, passive und alternative Beta-Produkte, wie zum Beispiel Faktorinvestments, umfasst. Alles wird von einem Team aus einer Hand gemanagt. So lässt sich nach unserer Erfahrung am besten abklären, welches Produkt für einen Kunden ideal ist. Beispielsweise können wir damit von aktiv über enhanced bis zum passiven Management alles in Mandaten aus einer Hand anbieten.
Ihr Slogan war und ist „Wertarbeit made in Germany“, und diesen haben Sie von Anfang an mit der physischen Replikation umgesetzt. Inzwischen ist diese Replikationsmethode Standard. Wo ist dann heute der USP der Deka in einem hart umkämpften Konkurrenzumfeld?
Wir bieten unter dem Druck der angelsächsischen und französischen Häuser rein deutsche ETFs an. Unsere Mitarbeiter haben große Erfahrung im passiven Fondsmanagement und können hierdurch höchste Qualität im Indextracking bieten, was sich klar in der Performance zeigt. Als deutscher ETF-Anbieter können wir zudem maßgeschneidert die Serviceanforderungen unserer deutschen Kunden erfüllen. Wir liefern die passenden Reportings, die steuerliche und regulatorische Anforderungen erfüllen. Das ist eine hohe Servicequalität für inländische Investoren. Unser Alleinstellungsmerkmal ist dann nicht nur „Made in Germany“, sondern German Engineering, also der Anspruch höchster Qualität und Präzision. Am Ende des Tages zeigt sich dies auch in der hohen Liquidität an der Börse. Da halten wir als kleinerer Anbieter mit den Tophäusern der Welt mit und können mit engen Spreads über alle Market Maker hinweg punkten. Kurzum: Höchste Qualität ist unser Markenkern.
Reicht dies, um beim rasanten Wachstum der ETFs mitzuhalten? Die Deka ist in der Wahrnehmung des Marktes nicht gerade ein aggressiver Anbieter. Trotzdem konnten sie die Assets deutlich steigern. Sie müssten mehr als zufrieden sein, oder fehlt noch etwas?
Wir sind damit sehr zufrieden. Gerade in den letzten Jahren haben wir ein starkes Wachstum gezeigt. So konnten wir mit dem Markt mithalten, auch ohne uns einer aggressiven Werbestrategie zu bedienen. Auch das gehört zu unserem Markenkern: Qualität ohne Marktschreierei. Institutionelle Investoren sind sich inzwischen sehr bewusst, dass es ETFs bei der Deka gibt. Ich bin überzeugt, dass wir in der Zukunft eine noch größere Rolle spielen werden.
Sie konzentrieren sich auf das Geschäft mit institutionellen Kunden. Konnten Sie in diesem hart umkämpften Marktsegment der Konkurrenz Paroli bieten?
Eindeutig ja. Wir sind bei vielen Sparkassen mit passiven Strategien positioniert, sei es mit ETFs oder mit passiven Mandaten. Das ist nicht der natürlichen Nähe zu den Sparkassen geschuldet, sondern erfordert die erwähnt hohe Qualität. Im Übrigen sind wir auch außerhalb des Sparkassensektors sehr erfolgreich, 80 Prozent unserer AuM entfallen auf Nicht-Sparkassen, auf Versicherungen, Pensionskassen und Asset Manager. Auch da punkten wir mit Service und auf die jeweiligen Kundengruppen zugeschnittenen Reportings.
Noch ist das ETF-Geschäft in Europa überwiegend institutionell geprägt, anders als in den USA. Ist die Zeit reif, den Privatkunden stärker in den Blick zunehmen? Die Nachfrage ist ja da, und die spüren auch die Sparkassen.
Es gibt in den USA klar eine stärkere Wertpapieraffinität der Privatkunden. Auch ist die Struktur des Marktes anders. Es fehlen dort Volksbanken und Sparkassen, bei denen jeder Zugang zu einer Wertpapierberatung hat. In den USA wird das Geschäft daher stark von Online-Angeboten getrieben. Das merkt man allerdings inzwischen auch bei uns. Der Selbstentscheider findet hierzulande ein breites Angebot bei Online-Banken. Darauf reagieren wir. Wir haben Sparplanangebote beim S-Broker. Dort kann man Deka-ETFs kostenfrei erwerben. Das Wachstum ist rasant, wenngleich, so gestehe ich zu, von einem niedrigen Ausgangsniveau aus.
ETF-Sparpläne gibt es ja auch bei einzelnen Sparkassen. Wäre es nicht sinnvoll, wenn die Deka mit vermögensverwaltenden Produkten auf Basis von ETFs antreten würde?
Auch darauf reagieren wir. Die DekaBank hat eine digitale Vermögensverwaltung unter der Marke „bevestor“ geschaffen. Verschiedene Anlagelösungen sind dort geplant. In den Portfolios können bis zu 100 Prozent ETFs genutzt werden. Strategische Anpassungen und Rebalancing erfolgen dabei nach systematischen Kriterien. Mit diesem neuen Produkt wird es darüber hinaus möglich sein, dass der Kunde auch spezifische Themen zusätzlich belegen kann, zum Beispiel „Nachhaltigkeit“ oder spezielle Renten- Randmärkte. Dort kann er auch nach Wunsch aktive Fonds hinzuwählen. Die Logik dahinter kommt von unserem quantitativen Management und zeigt, wie die angesprochenen Synergien von quantitativem Fondsmanagement und passiver Anlage realisiert werden können.
Ihre Produktpalette ist mit 43 ETFs überschaubar. Könnten Sie da mit ihrem quantitativen Management nicht für mehr Innovation sorgen?
Natürlich haben wir eine Reihe von Multi-Asset-Produkten im quantitativen Bereich, die auch kostengünstig über ETFs abgebildet werden können. Unser Produktangebot bei ETFs ist konzentriert, aber fein. Wir bieten das Universum der Standardprodukte an. Aus unserem quantitativen Management können wir mehr ableiten, zum Beispiel die erwähnten alternativen Beta-Strategien. Die sind im Gewand von ETFs für Kunden hilfreich, werden aber bislang hauptsächlich als passive Mandate für institutionelle Kunden maßgeschneidert. Wir werden unsere ETF-Palette kontinuierlich und sehr überlegt aufgrund der Marktnachfrage erweitern. Demnächst kommt ein MSCI-World-ETF dazu, mit dem die gesamte entwickelte Welt abgebildet wird. Zudem stärken wir unser institutionelles Geschäft mit weiteren ETF-Spezialisten, um unseren Kunden noch besseren Service bieten zu können.
Was kommt nach dem Jubiläum? Wie sehen die nächsten zehn Jahre des ETF-Angebots der Deka aus?
Auch wenn das etwas abgedroschen klingt, ist unsere Leitlinie für die nächsten Jahre: „Weiter so!“ Wir werden dabei zusätzlich das Angebot für maßgeschneiderte passive Mandate deutlich ausbauen. In den nächsten zehn Jahren wollen wir mit unseren ETFs und passiven Strategien eine Position erreichen, die dem Stellenwert der Sparkassen in Deutschland entspricht. Wir möchten an die Erfolge der ersten zehn Jahre anknüpfen und am Wachstum des ETF-Marktes weiterhin voll partizipieren.
Marktkommentar: Sägezahnmarkt voraus?
Nach aller Erfahrung benötigt ein Markt einige Zeit, um so heftige Kursverwerfungen zu verarbeiten. Gerade technische Analysten gehen davon aus, dass jetzt eher mit einem Sägezahnmarkt zu rechnen ist. Prompt lieferte US-Präsident Donald Trump neue Munition für die Bären im Markt, weil er mit Zöllen auf Stahl und Aluminium drohte und die Gefahr eines Handelskrieges vergrößerte. Aber insgesamt sind die Wirtschaftsdaten in den USA und in Europa immer noch so gut, dass Aktien fundamentale Unterstützung erhalten sollten. Mit einer langanhaltenden Baisse rechnet kaum jemand.