10.07.2012

Teures Entgegenkommen

Bloomberg:

Teures Entgegenkommen

Viele Fondshäuser reagieren auf die Risikoscheu der Investoren und verzichten auf die Wertpapierleihe. Doch das kann die Rendite der Gesellschaften schmälern.

Es gibt Branchen, da ist der Kunde tatsächlich noch König. Auch die oftmals gescholtene Finanzbranche gehört gelegentlich dazu: Weil es einigen Investoren nicht gefällt, verzichten immer mehr Anbieter börsennotierter Indexfonds (ETFs) beim Portfoliomanagement auf die Wertpapierleihe - obwohl sie in der Fondsbranche seit Jahren üblich ist. "Die ETFAnbieter passen sich zunehmend den Wünschen der Investoren an, und dieser Trend wird sich fortsetzen", sagt Deborah Fuhr vom Datenanbieter ETFGI, die den weltweiten ETF-Markt seit 1996 beobachtet. Doch was dem Sicherheitsgefühl der Investoren entgegenkommt, kann die Rendite schmälern. Zu den jüngsten Beispielen für den Verzicht auf Wertpapierleihe gehören die vier neuen Smart- Equity-ETFs von Swiss & Global. Die Schweizer Gesellschaft verzichtet bei diesen vier Fonds darauf, Papiere aus den Portfolios gegen Gebühr vorübergehend an andere Marktteilnehmer auszuhändigen. Dabei ist diese Technik in der Fondsbranche seit Jahren üblich. Investoren leihen sich Wertpapiere etwa, um damit auf fallende Kurse zu spekulieren. Fondsmanager, die ihnen Papiere ausleihen, können über Leihgebühren Zusatzerträge erwirtschaften.

Auch Source und Pimco verleihen bei ihrem neuen Pimco German Government Bond Index  Source ETF und allen weiteren Fonds auf deutsche Staatsanleihen keine Wertpapiere. Die Deka-Tochter ETFlab verzichtet schon seit Dezember 2011 komplett darauf. Blackrock hat die Wertpapierleihe zwar nicht ganz aus seinen Fonds verbannt. Aber immerhin hat der Branchenprimus sie Ende Juni eingeschränkt: Seitdem dürfen die Manager maximal 50 Prozent des Portfolios verleihen, zuvor hatte die Quote bei einigen Fonds deutlich darüber gelegen. Auch Michael John Lytie, Vertriebsleiter bei Source, begründet den Verzicht auf Wertpapierleihe bei den Source-ETFs auf deutsche Staatsanleihen mit den Wünschen der Anleger. "Wer in deutsche Staatsanleihen investiert, will möglichst große Sicherheit haben", sagt er. "Dazu passt Wertpapierleihe nicht, weil sie ein Zusatzrisiko birgt." Was Lytie meint, ist das Kontrahentenrisiko. Rund 58 Prozent der deutschen Anleger sind sehr besorgt oder eher besorgt wegen des Kontrahentenrisikos, welches Swaps und Wertpapierleihe mit sich bringen. Das hat eine Umfrage des Analysehauses Morningstar ergeben. Wie kommt es zu dieser Abneigung?

ETFs vollziehen die Wertentwicklungen von Finanzmarktindizes nach. Die Mehrzahl der in Europa erhältlichen ETFs nutzt dazu Swap-Derivategeschäfte mit Banken. Daneben gibt es replizierende ETFs, welche die jeweiligen Indexpapiere in ihren Portfolios halten. Bei Swap-basierten ETFs erfordern die Derivategeschäfte nur einen Bruchteil des Fondsvermögens. Daher können die Gesellschaften das restliche Kapital weitgehend beliebig investieren - auch in Wertpapiere, die nichts mit dem Basisindex des ETFs zu tun haben. Fällt die Bank aus, mit der ein Fonds ein Swap-Geschäft eingegangen ist, richtet sich der Wert des ETFs nach dem tatsächlichen
Portfoliobestand. Dieser kann von dem des Index abweichen, woraus sich das erwähnte Kontrahentenrisiko ergibt. Ein ähnliches Risiko besteht bei der Wertpapierleihe: Fällt derjenige aus, der die Papiere entliehen hat, kommt der Fonds unter Umständen nur schwer wieder an sein Eigentum. Das kann zulasten der Wertentwicklung gehen. "Diese Maßnahmen können sich negativ auf die Nettorenditen der Fonds auswirken, weil dadurch Erträge verloren gehen", sagt Analystin Fuhr. Eine Studie der Deutschen Bank aus dem Jahr 2011 zeigt, dass die Wertpapierleihe für viele ETF-Anbieter die zweitwichtigste Einnahmequelle nach den Managementgebühren ist. "Mit diesen Erträgen können die Anbieter Kosten, die etwa durch Portfolioumschichtungen entstehen, ausgleichen - zugunsten der Rendite", sagt Fuhr.

Quelle: Bloomberg

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