Interview Marian Henn. |
„Investieren als Überzeugungstäter“

Marian Henn ist Partner bei der Allington Investors Group in Bad Homburg und dort für Investment Management zuständig. Für ihn bieten ETFs vor allem im taktischen Bereich Vorteile.

Was ist das Besondere an Ihrer Vermögensverwaltung? Wer sind Ihre Kunden?

Wir verstehen uns als Investoren und haben mit Allington eine Plattform entwickelt, um unseren Kunden Investitionen zu ermöglichen, die sie selbst nicht umsetzen können. Hierunter fallen sowohl liquide als auch illiquide Investments, die wir sowohl direkt als auch indirekt umsetzen. Wir handeln unternehmerisch, das heißt, wir nehmen Opportunitäten wahr, wenn sie sich ergeben und investieren mit unseren Kunden. Das unterscheidet uns von gängigen Finanzdienstleistern. Zu unseren Kunden gehören vornehmlich Unternehmer, die Wert darauf legen, dass wir uns nicht wie Verwalter, sondern wie Mitgesellschafter sehen und auch so handeln. Nicht zuletzt heißt unternehmerisch auch, vorsichtig, aber frei von Beschränkungen zu denken. Wir arbeiten z. B. weder mit Benchmarks noch schließen wir Assetklassen kategorisch aus. Fast jedes Investment hat irgendwann seinen interessanten Moment. Ein Standardportfolio nur mit Large Caps aus den USA und Europa und dazu ein paar Anleihen werden Sie bei uns daher nicht finden. Jedes Portfolio ist sehr individuell auf die Wünsche des Mandanten zugeschnitten. Als Investoren sind wir Überzeugungstäter. Unser Ansatz ist vielfältiger und fordert mehr Einsatz, ist dadurch aber auch interessanter. Genau das erwarten unsere Kunden, eben keine tradierte Vermögensverwaltung.

Mal abgesehen von Freiheit zum Investieren, steht dahinter eine übergreifende Anlagephilosophie?

Ja, im Vordergrund stehen immer die Qualität und das Risiko-Rendite-Profil der Anlagen. Spannende Chancen gibt es am Kapitalmarkt fortlaufend und es erfordert viel Einsatz, diese zu erkennen. Wir jagen daher keinen populären Trends nach, wenn diese ihren Zenit schon überschritten haben oder wenn sie einfach nur populär sind. Stattdessen suchen wir unabhängig von der Marktmeinung die Anlagen mit dem besten Risiko-Rendite-Profil, d. h. mit den größten Chancen für das jeweilige Risiko. Die findet man zum Beispiel auch in Emerging Markets, vor denen viele vielleicht zurückschrecken. Natürlich können wir die Wertschöpfungskette nicht komplett alleine abdecken. Bei unseren Direktbeteiligungen suchen wir erfahrene Beiräte, bei den liquiden Anlagen nehmen wir überwiegend spezialisierte Fondsmanager.

Wenn Sie Individualität und Entscheidungsfreiheit betonen, wie passen dazu zwei Publikumsfonds, die Sie im Angebot haben?

Beide Fonds bilden Strategien ab, die wir ursprünglich für unsere Mandanten entwickelt hatten. Weil sie auch für Dritte einen Mehrwert bieten können, haben wir sie dann im Fondsmantel aufgelegt. In den betreuten Vermögen sind diese Fonds nur zwei Bausteine, aber noch immer sehr wichtige Bestandteile. Auch die Allington Partner investieren über die Fonds. Zum einen ist das der ARES-Fonds, ein globales Aktienportfolio, das den Fokus auf verantwortungsvolles Unternehmertum, auf langfristiges und ressourcenschonendes Wirtschaften legt. Dieser Ansatz ist auf Wunsch eines Mandanten entstanden, dem es wichtig war, sein Geld guten Wissens und im Einklang mit Nachhaltigkeit zu investieren. Zum anderen ist das der ALAP-Fonds, der ein Portfolio der besten Liquid Alternatives im UCITS-Mantel darstellt mit dem Ziel, unabhängig vom Markt mit geringen Schwankungen Renditen um 5 % zu erwirtschaften. Er ist in einer Zeit entstanden, als wir keine Anleihen im Portfolio hatten, weil sie ein nicht vertretbares Risiko-Rendite-Profil boten.

Wie agieren Sie überwiegend in Ihren Mandaten? Mit Einzelinvestments oder mehr mit Fonds, ob aktiv oder passiv?

Die Mehrheit unserer Investments wird über aktive Fonds abgedeckt. Die meisten dieser aktiven Manager verfolgen einen spezialisierten Ansatz, der ein besseres Risiko-Rendite-Profil oder einfach mehr Risiko bietet als ein ETF. Wenn der Ansatz des Managers überzeugt, dann handeln wir nach dem Buy & Hold-Ansatz. Dauerhaft gesetzt ist aber niemand.

Wann nutzen Sie passive Instrumente wie ETFs?

Die setzen wir ein, wenn wir ein Exposure kurzfristig taktisch steuern wollen. Also wenn in bestimmten Marktphasen Aktien übergewichtet werden sollen, greifen wir lieber zu einem ETF als für kurze Zeit einen aktiven Manager zu engagieren. Zudem nutzen wir ETFs, wenn wir eine präzise Marktmeinung haben, also eine Region oder einen Sektor als besonders attraktiv einschätzen. Auch in speziellen Anforderungen von Mandanten greifen wir zu ETFs, zum Beispiel wenn sie großen Wert auf Nachhaltigkeit und verantwortungsvolles Investieren legen. Da bietet sich ein ETF an, der die Kriterien für Social Responsibilty erfüllt.

Wenn Sie ETFs auswählen, wie gehen Sie dann vor? Es gibt ja für jeden Markt auch unterschiedliche Anbieter mit unterschiedlichen Konditionen.

Wichtig ist für uns eine Mindestgröße von rund 100 Millionen Euro. Wir wollen vermeiden, dass ein kleiner Fonds zu einem ungünstigen Zeitpunkt geschlossen wird. Dann geht es um die Replikationsmethode. Synthetische, also swapbasierte Fonds sind nach meiner Einschätzung nicht unbedingt risikoreicher als physisch replizierende. Aber die meisten unserer Kunden fühlen sich mit einer physischen Replikation einfach sicherer. Schließlich achten wir auf die Kosten, also auf möglichst günstige Managementgebühren und Handelskosten.

Nutzen Sie Themenfonds? Die sind ja oft nicht so liquide wie Sie es gerne hätten.

Die spielen bei uns keine große Rolle. In der Regel haben wir auch mit unseren aktiven Managern Möglichkeiten gefunden, bestimmte Sektoren und Themen abzubilden.

Es gibt dann noch Strategie-ETFs, auch als Smart Beta bekannt. Greifen Sie zu?

Grundsätzlich sind wir für alles offen. So hatten wir zeitweise einen Low-Volatility-ETF im Portfolio. Derzeit ist das aber nicht mehr der Fall. Wir haben aber solche Ansätze im Blick.

Wir hatten ja in einem Fall das Thema Nachhaltigkeit schon angesprochen. Ist das ein starkes Thema bei Ihren Kunden?

Diese Kunden sind noch in der Minderzahl. Wenn aber Nachhaltigkeit gefordert ist, können wir liefern. Wir wägen ab, was das beste Instrument ist. Wenn dies ein ETF ist, nehmen wir den ins Portfolio. Im Grunde ist ja auch unser Publikumsfonds ARES mit Fokus auf verantwortungsvolles Unternehmertum ein nachhaltiges Konzept. Auch den bieten wir Mandanten als Alternative. Generell ist es so, dass wir bei der Fondsauswahl primär auf das Risiko-Rendite-Verhältnis der Strategie achten. Wenn es von dieser Strategie eine ESG-Variante gibt, stehen wir dieser gegenüber offen.

Betreiben Sie aktives Risikomanagement? Oder heißt es bei Ihnen vor allem Diversifikation mit Buy & Hold?

Risiko ist für uns vor allem eine qualitative Bewertung. Wir versuchen immer die Strategie des aktiven Managers in der Tiefe zu verstehen und achten darauf, wie der Worst Case für die Strategie aussieht und wie der Manager mit dem Ernstfall umgeht. Ein Track-Record kann sehr solide aussehen, einfach weil sich Risiken, die für die Strategie tödlich sein können, noch nicht materialisiert haben. Eine rein quantitative Analyse würde diese Risiken nicht erkennen. Daher setzen wir voraus, die innerste Mechanik verstehen zu können. Daneben achten wir auch auf die Volatilität, die für uns in einem tragbaren Rahmen bleiben sollte. Hier kann es natürlich in Bezug auf Drawdowns auch Vorgaben der Kunden geben, denen wir entsprechen müssen.

Wenn Sie mit ETFs agieren, können Sie ja, wie erwähnt, die Investitionsquoten taktisch schnell ändern. Nutzen Sie das für die Risikosteuerung?

Die Qualität muss immer auch zur Bewertung in Beziehung gesetzt werden. Wenn die Bewertung in einem Marktsegment sehr hoch ist oder das Risiko-Rendite-Profil aus anderen Gründen einfach nicht stimmig, reduzieren wir auch konsequent die Investitionsquote. Genau deswegen hatten wir lange Zeit überhaupt keine Anleihen investiert und den Anteil von US-Aktien untergewichtet. Das hat uns im vergangenen Jahr sehr geholfen. Jetzt gibt es wieder Zinsen, also sind wir auch wieder in Anleihen engagiert. Wir nutzen aktuell zwei aktive Fonds mit High-Yield und haben dazu den Anteil von Liquid Alternatives dafür leicht reduziert, der uns im vergangenen Jahr ebenfalls sehr geholfen hat, als die Aktien- und Anleihekurse in den Keller gerauscht sind.

Wie sind sie aktuell für die nächsten Monate aufgestellt?

Also wir sind unverändert, wenn auch reduziert, im Bereich Liquid Alternatives engagiert, nutzen aber neben Qualitätsaktien auch wieder Anleihen. In Einzelfällen haben wir auch einen ETF mit kurzlaufenden Staatsanleihen in den Portfolios, den wir als Parkposition betrachten. Das ist Geld, das noch nicht strategisch investiert werden soll, aber wenigstens schon mal einen Zins ohne großes Risiko im Fall von weiteren Zinsanhebungen der Notenbanken erzielen kann. Falls wir strategisch unsere Anleihen-Allokation ausweiten wollen, gibt es aktive Strategien, die nach unserer Einschätzung einen Mehrwert gegenüber dem Markt bieten können. Die würden wir präferieren.

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